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von Guko • Rock-Dassie | 46 Beiträge
vom: 29.05.2014 16:09 Betreff: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Es geht los. Frankfurt - Addis – Mombasa

Anfang November sitze ich gegen 21:00 Uhr am Abfluggate im Frankfurter Airport. Endlich erfolgt der Aufruf zum Boarding für den Ethiopian Airlines Flug ET 707 nach Addis Abeba. Zuerst dürfen die Passagiere der Business Class an Board, dann Menschen mit Handicap und Eltern mit kleinen Kindern (oder war‘s umgekehrt?), zuletzt das gemeine Volk, zu dem ich gehöre.

Das Flugzeug ist voll besetzt, also keine Chance mich während des Fluges über eventuell freigebliebene Sitzplätze etwas ausbreiten zu können. Zum Glück kann ich auch in unbequemen Positionen ganz gut schlafen und das gleichmäßigen Brummen der Motoren versetzt mich schon bald nach dem Start in den Schlafmodus. ;)

Acht Stunden später, gegen 6:30 Uhr morgens, landen wir auf dem Bole International Airport in Addis Abeba. Die Morgensonne taucht den Flughafen und die Stadt in warmes, goldenes Licht. Die Luft ist noch kühl und als wir etwas steifbeinig über das Rollfeld zu den Ankunftsgebäuden gehen, fröstelt es den einen oder anderen sogar etwas. Diese frischen Temperaturen verbindet man normalerweise nicht mit Afrika, aber Addis liegt auf 2300 Meter ü.d.M. und ich erinnere mich noch gut an die kühlen Nächte bei einem früheren Aufenthalt vor ein paar Jahren.


Addis Abeba Bole International Airport

Vier Stunden warten. Im Transitbereich gibt es Liegestühle, die verlockend bequem aussehen. Leider sind schon alle mit erschöpften Reisenden belegt und ich muss mich mit einem der unbequemen Plastikstühle begnügen. Immerhin gibt es freies WLAN und so vertreibe ich mir die Zeit damit, mit meiner Freundin in Kenia zu chatten. Ich bestelle schon mal Chapatis zum Abendessen ;)


Addis Transitbereich

Der Anschlussflug nach Mombasa geht über Kilimanjaro Airport in Tansania. Sitzplatzreservierungen gibt es nicht, man kann sich setzen wohin man will. Ich setze mich an ein Fenster auf der rechten Seite. Ich bin schon ein paar mal über Ostafrika geflogen, aber in den großen Jets sieht man meistens nur Wolken von oben. Das ist diesmal anders. Ich klebe während des gesamten Fluges mit plattgedrückter Nase am Fenster. Die kleine Boeing 737 fliegt so niedrig, dass ich einen phantastischen Ausblick auf die Landschaft unter mir habe.


Lake Turkana (Kenia)


Lake Natron (Tansania)


Ngorongoro Krater (Tansania)

Nur der Kilimanjaro versteckt sich hinter einer mächtigen Wolkenwand. Na warte, denke ich, dich bekomme ich bald auch noch zu sehen. Dann taucht Mombasa auf und wir müssen uns für die Landung anschnallen.

Mombasa

In Mombasa ist es deutlich wärmer. Schon nach ein paar Schritten über das Rollfeld klebt mit mein T-Shirt am Körper. Die Temperatur beträgt zwar „nur“ 28 Grad, durch die hohe Luftfeuchtigkeit fühlen die sich aber ziemlich schweißtreibend an.

In Kenia bekommt man das Visum für 50 USD direkt bei der Einreise. Man muss drei Formulare ausfüllen, Fingerabdrücke werden gescannt und ein Foto gemacht. Dann heißt es "Welcome to Kenya".

Vor dem Flughafengebäude wartet meine Freundin mit einem Taxi auf mich. Die Freude ist groß. Wir haben uns seit ihrer Abreise aus Deutschland nicht mehr gesehen, und das war vor ein paar Monaten. Und so freuen wir uns erst mal eine Weile, während der Taximann diskret im Hintergrund steht und wartet. ;)


Mombasa

Wir fahren Richtung Town. Ich sitze auf der Rückbank des Taxis. Die Fenster sind offen, ein leicht schwüler Wind weht mir ins Gesicht. Es riecht nach feuchter, salziger Luft, Großstadt, Abgasen und stellenweise unbestimmbar faulig.

Mombasa wirkt, wenn man direkt aus Deutschland kommt, erst einmal ziemlich chaotisch und laut. Dichtes Gedränge auf den Straßen. Fahrzeuge aller Art, Pkws, LKWs, Matatus, Tuk-Tuks, von Menschen gezogene oder geschoben Karren, Fahrräder, alles wimmelt, hupt, rast aufeinander zu, dann, Gott sei Dank, irgendwie aneinander vorbei. Fußgänger springen um ihr Leben, einziges erkennbares Gesetz, der Schwächere muss ausweichen, sonst wird er platt gemacht.

Ich habe vor zwei Jahren einmal erlebt, wie im dichten Verkehrsgewimmel ein Matatu ein Motorrad streifte und dieses zu Fall brachte. Zum Glück war niemand ernsthaft verletzt, aber es hätte nicht viel gefehlt und der Matatufahrer hätte den schon leicht lädierten Motorradfahrer verprügelt, weil dieser nach seiner Meinung nicht schnell genug ausgewichen war.

Und jeder hat ein Handy in der Hand und ist am telefonieren ... ;) Dazu tosender Lärm aus Musikanlagen, Autohupen, Müllhalden an den Straßenrändern. Was für ein Chaos.


Mombasa


Mombasa

vom: 29.05.2014 16:10 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Aber Mombasa hat auch das Flair einer multikulturellen, tropischen Hafenstadt. Es ist ein buntes Gemisch aus Afrika und Indien, mit arabischen und europäischen Einflüssen. Christen, Muslime und Hindus leben auf engem Raum zusammen. Die Stimmung ist im Großen und Ganzen relaxed, die Menschen aufgeschlossener und Fremden gegenüber offener, als in anderen Gegenden Kenias.

Leider wurde die entspannte Atmosphäre in der Vergangenheit immer wieder durch Bombenanschläge und Terror religiöser Extremisten zerstört. Auch wenn ich mich als Tourist nicht direkt bedroht fühle, kann man doch nie ganz ausschließen, dass man zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Fast wäre das geschehen, als ca. 30 km nördlich von Mombasa in Mtwapa, am 31.03.2012 in einer Kirche eine Bombe gezündet wurde. Wir hatten uns am Abend zuvor dort in der unmittelbaren Nähe aufgehalten.


Mombasa - Blick vom Ambalal Building - Links die Moi Avenue


Mombasa Digo Road


Mombasa

Im Zentrum Mombasas findet man neben modernen Gebäuden auch reichlich Überbleibsel aus kolonialer Vergangenheit, Restaurants und Kaffees mit hohen Räumen und langsam drehenden Ventilatoren, Rundbögen und Lamellentüren. Auch der Einfluss arabischer und indischer Architektur wird in kunstvoll geschnitzten Holztüren, Balkone und Fenstergitter sichtbar, die viele Häuser der Altstadt schmücken.



Ich freue mich jedes Mal auf die indischen Restaurants in Mombasa. Für mich ein Highlight. Ich liebe indische Gerichte wie Chicken Biryani, Chapaties, Samosas, mit Cumin und Koriander gewürzte Reisgerichte. Die afrikanische Küche gibt ja ansonsten kulinarisch nicht sooo viel her, in Mombasa ist das anders.


Mombasa Old Town

vom: 29.05.2014 16:11 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Wir verlassen das Zentrum Mombasas über die Nyali Bridge Richtung Norden. Diese Strasse führt auch zu den Touristenstränden der North Coast und weiter Richtung Mtwapa und Malindi. Soweit wollen wir heute nicht. In Lights (beim Kongowea Markt) biegt das Taxi Richtung Mishomoroni ab. Mishomoroni ist ein typischer Vorort von Mombasa. Die Straßen sind mit Löcher und Unebenheiten gespickt. Die Häuser, meist ein- oder zweigeschossig, sind mit rostigem Wellblech gedeckt, die Fenster und Balkone vergittert. Fast jedes Haus entlang der Hauptstraße beherbergt auch ein kleines Business. Handyshops, M-Pesa-Agents, Hairdresser, Minirestaurants, Garküchen oder kleine Werkstätten.


Mishomoroni


Kleine Verkaufsstände säumen die Straßen – French Fries, kenianisches Nationalgericht ;)

Wo noch etwas Platz frei ist, liegen auf schmutzigen Plastikplanen oder wackligen Holztischen, oft nur wenige Zentimeter vom sich vorbeiquälenden Verkehr getrennt, zu kümmerlichen Häufchen geschichtete Tomaten, Kartoffeln, Paprika, grau vom Staub der Straße.


Malindi Road in Lights


Mishomoroni

Einen Muzungu sieht man hier ganz selten, Touristen nie. Kaum zu glauben, dass man nur wenige Kilometer von den Touristenstränden und den mondänen Hotels der Nordküste entfernt ist. Wenn ich alleine in Mishomoroni unterwegs bin, werde ich manchmal von Boda-Boda Fahrern angesprochen ("Are you lost, can I help you") und gefragt, ob ich mich verirrt hätte und ob sie mich zu meinem Hotel zurückbringen sollen. :)


Waterhole in Misho - viele Häuser in Misho haben keine eigene Wasserversorgung


Mishomoroni schläft nie

Die nächsten paar Tage verbringe ich erst mal damit, mich zu akklimatisieren. Das Appartement meiner Freundin ist klein, hat aber alles was man zum Überleben braucht, Küche, Dusche, sogar einen kleinen Balkon mit Blick auf die Wäsche des Nachbarn. Fast jeden Tag gibt es im Viertel einen Stromausfall, mal kurz für ein paar Minuten, mal mehrere Stunden, manchmal ganze Tage. Dann verstummen die Fernseher und Musikanlagen im ganzen Haus, es wird angenehm ruhig, wir zünden Kerzen an und eigentlich ist das viel romantischer. Blöd nur, dass bei mehrtägigen Stromausfällen irgendwann auch das Wasser ausfällt, da die Tanks mit elektrischen Pumpen befüllt werden. Dann müssen wir das Wasser bei einem der Wasserverkäufer von der Straße kaufen und mit einem Eimer duschen.

Natürlich fahren wir auch zu den schönen Stränden an der North Coast. Wenn man sich nicht von den unterbeschäftigten Beachboys nerven lässt, kann man hier gut ein paar Stunden verbringen. Vor allem nachmittags, wenn es in der Stadt drückend warm und schwül geworden ist, ist der Strand der perfekte Ort um sich zu erfrischen.


Strand nördlich von Mombasa

vom: 31.05.2014 13:59 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Mombasa – Moshi (Tansania)

An Gepäck darf nur das nötigste mit. Da wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein werden und alles auf dem Rücken tragen müssen, spielt das Gewicht eine wichtige Rolle. Mit dabei ist ein kleines Zelt, das Helter Shelter von Jack Wolfskin. Es hat mich schon auf einigen Reisen begleitet, ist über 10 Jahre alt, aber immer noch top. Zumindest ist es das zu Beginn der Reise. Dazu zwei leichte und kompakte Sommerschlafsäcke. Zelt und Schlafsäcke wiegen zusammen knapp 5 kg. Zuerst wollte ich ja nicht, aber meine Freundin hat mich überredet, eine dünne Wolldecke und zwei dünne Wollpullis mitzunehmen. In Mombasas schwüler Luft fällt es schwer sich vorzustellen, dass es auch kältere Regionen in Afrika gibt. Aber wir haben die warmen Sachen später ein paar Mal dringend gebraucht.

Um unterwegs gelegentlich nachschauen zu können, wo wir gerade sind, haben wir zwei Reisehandbücher dabei, den ‚Tansania‘ von Lonely Planet und den ‚Uganda/Ruanda‘ vom Reise Know-How Verlag. Und noch allerlei Kleinzeug, wie Medikamente (Malaria-Prophylaxe, Durchfalltabletten, Wunddesinfektion), Taschenlampe, Akkus, Kulturartikel usw. Zusammen wiegt das fast 10 kg und befindet sich in einemn Ortlieb X-Plorer M Packsack. Der hat den Vorteil, dass er wasserdicht ist, sehr strapazierfähig (wichtig für Afrika) und man kann ihn mit einem Vorhängeschloss abschließen, wenn man das obere Ende zusammenrollt. Dafür ist der Tragekomfort nicht so hoch wie bei einem reinrassigen Rucksack, aber damit kann ich leben, denn erstens ist er mit 10 kg nicht besonders schwer und zweitens haben wir keine längeren Wanderungen oder Bergtouren vor. Meine Freundin trägt einen kleineren Tagesrucksack, in dem wir die Dinge transportieren, die wir tagsüber brauchen. Also Wasser, was zu knabbern, Regenjacke und die Kamera.


Ein letzter Einkauf bei ALDI ;)

Am 20. November frühmorgens geht es los. Zuerst mit dem Matatu nach Mombasa Town. Dort, unweit des Zentrums startet der Bus der Tahmed Gesellschaft nach Moshi in Tansania. Moshi liegt im Kilimanjarogebiet und wir wollen dort zwei oder drei Tage verbringen. Das Ticket kostet 1000 KSH. Fahrtdauer sieben bis acht Stunden.

Die Fahrt ist ziemlich staubig, etwa die Hälfte der Strecke ist Erdstraße. Der Bus hat schon ein paar hunderttausend Kilometer auf dem Buckel, die Sitze sind ausgeleiert und der Staub der Straße dringt durch zahlreiche Ritzen ins Innere. Aber wie so oft auf Reisen, wird man für erlittene Strapazen unerwartet belohnt. Ich traue kaum meinen Augen, als ich vom Bus aus kleine Gruppen von Zebras und einzelne Elefanten sehe. Und da hinten, sind das nicht Gazellen? WOW, das macht Laune.


Auf der Landkarte sehe ich, dass die Straße zum Teil durch den Tsavo Nationalpark führt.

An der Grenze zu Tansania stürmen Geldwechsler mit dicken Bündeln bunter Scheine in den Händen den Bus. Ich tausche ein paar USD in Tansania Schilling, um ein bisschen flüssig zu sein, auch wenn der Kurs nicht der beste ist.

Wir müssen alle raus aus dem Bus und zu Fuß nach Tansania laufen. Am Einreise Check Point reihe ich mich in eine längere Warteschlange ein. Während es nur ganz langsam weitergeht, drängelt sich eine Gruppe irgendwie fies aussehender Masai mit ihren typischen Holzstöcken nach vorne. Nicht, dass Masai generell fies aussehen, die aber irgendwie schon. Da keiner der Wartenden protestiert, sage ich auch nichts. Wer weiß, vielleicht haben die ja Sonderrechte, oder keiner möchte sich mit ihnen anlegen.

Dann stehe ich vor der Glasscheibe. Sie haben gerade ein Computerproblem, deshalb geht alles etwas langsamer. Ich schiebe Pass und 50 USD durch den Spalt und bekomme das tansanische Visum eingestempelt. Meine Freundin wird an der Grenze, quasi im Vorbeilaufen, schnell noch gegen Gelbfieber geimpft. Das kostet 1200 KSH. Dafür ist ihr Einreisestempel gratis.

Der Bus wartet brav auf tansanischer Seite bis der Mzungu als letzter kommt.


Tansanische Schilling – bunt und wertlos

Moshi – Kilimanjaro

Moshi ist ein angenehmes Städtchen am Südhang des Kilimanjaro und ist Ausgangspunkt für Bergtouren und für Safaris in die Serengeti und zum Ngorongoro-Krater und zu anderen touristischen Orten um den Kilimanjaro. Da auf 800 m liegend, wird es nachts manchmal recht kühl. Früh morgens und spät nachmittags kann man mit etwas Glück den schneebedeckten Gipfel des Kilimanjaro sehen. Tagsüber versteckt er sich gerne hinter dicken Wolken.

Wir checken ins Haria Hotel ein. (30000 TSH/DZ). Das Hotel liegt zentral, ist einfach von der Ausstattung, aber zum Übernachten ok. Es gäbe sogar eine warme Dusche, wenn es nur Strom gäbe. Wie so oft in Afrika ist gerade Stromausfall. Überall im Hotel entlang der Flure und Treppen stecken Kerzen in Flaschen und verbreiten ein flackerndes Licht. Als wir später noch losgehen um nach einem Restaurant zu suchen, ist es auf Moshis Straßen stockdunkel. Ein bisschen unheimlich ist es schon durch eine fremde, stockfinstere Stadt in Afrika zu laufen, vorbei an dunklen Gestalten, die reglos an Straßenrändern und in Hauseingängen kauern. Nur gelegentlich dringt der schwache Lichtschein einer Petroleumlampe aus einem Geschäft oder Restaurant. Auf dem Rückweg muss ich höllisch aufpassen, nicht die Orientierung zu verlieren und nicht in einem der metertiefen Löcher am Straßenrand zu verschwinden.


Moshi vom Dach des Haria Hotels

Am nächsten Morgen gehen wir als erstes ins Cyber Cafe. Ich muss dringend meine Emails checken. Ich hatte noch von Mombasa aus ein Email an Mr. Abel Gillard (marinekigoma@hotmail.com) geschickt. Er ist Manager bei der Kigoma Marine Services Company und die Person, die Auskunft über den Fahrplan der Liemba machen kann. Die Liemba fährt nur jede zweite Woche von Kigoma nach Mpulungu und zurück und es kommt bei diesen Fahrten immer wieder zu Verspätungen oder Verschiebungen des Fahrplanes.

Und tatsächlich, da ist die erhoffte Antwort. Laut Mr. Abels mail läuft die Liemba das nächste mal am 29. 11. 2013 von Mpulungu Richtung Kigoma aus. Also in 8 Tagen. Perfekt. So haben wir noch etwas Zeit für den Kilimanjaro und für die Anreise quer durch Tansania nach Mpulungu in Sambia.

Kahawa Shamba
http://www.kncutanzania.com/#!/page_home

Unweit von Moshi, an den Hängen des Kilimanjaro wird neben verschiedenen Gemüsen und Bananen, vor allem Kaffee angebaut. Es ist eine landschaftlich schöne Gegend mit lichten Wäldern, Wasserfällen und kleinbäuerlichen Plantagen. Dort leben die Chagga, die Ureinwohner des Kilimanjaro. Sie betreiben Ackerbau, Viehzucht und sind zunehmend auch im Tourismus tätig.

Hier betreibt die Kahawa Shamba (ein Tourismusprojekt der Organisation KNCU (Kilimanjaro Native Cooperative Union) für den fairen Handel mit Kaffee) einen kleinen Campingplatz. Sie bietet Touren zu den Kaffeebauern an und Wanderungen zu Wasserfällen und anderen lokalen Sehenswürdigkeiten. Der Erlös kommt direkt den Kleinbauern und der lokalen Bevölkerung zugute. So steht es zumindest in einem Faltblatt, das ich etwas später in einem Café in die Hand bekomme. Es hört sich interessant an und da wir noch ohne Plan aber voller Tatendrang sind, setzen wir uns mit dem Manager des Projekts in Verbindung. Der kommt auch gleich persönlich in das Café geeilt und erzählt von dem Angebot.

Zwei Stunden später fahren wir zur Kahawa Shamba Camp Site. Wir müssen nicht mal unser Zelt aufbauen. Als wir dort ankommen steht bereits ein Zelt bereit, ausgestattet mit Matratzen und Schlafsäcken. Die Schlafsäcke müffeln zwar ein wenig, aber nach Sonnenuntergang wird es so kühl werden dass wir nicht lange zaudern.

Der Platz ist sehr schön gelegen, wir sind umgeben von blühenden Bäumen, Bananenstauden und hellen Wäldern. Nur der Kilimanjaro versteckt sich beharrlich hinter einer Wolkenwand.


Kahawa Shamba Camp Site

Besuch bei den Kaffeebauern - Coffee Tour

Am selben Tag noch führt uns ein freundlicher Mitarbeiter des Kahawa Shamba Projekts durch die umliegenden kleinbäuerlichen Plantagen und führt uns in die Geheimnisse des Kaffeeanbaus ein. Die Kaffeesträucher wachsen im Halbschatten großer (Avocado)-Bäume und Bananenstauden, wodurch sie vor zu viel Sonne und Regen geschützt werden. Es sind alles Arabica-Sorten, erklärt er. Dazwischen wachsen auch Bohnen, Mais und andere Kulturpflanzen. Das verbessert den Boden und dient der Selbstversorgung.



Vom zarten Keimling, über Pflege der Kaffeebüsche, bis hin zum Waschen, Schälen, Trocknen, Rösten und Mahlen der Kaffeebohnen zeigt er uns die einzelnen Produktionsschritte und wir dürfen alles selber ausprobieren. Hinter einem Lehmhaus rösten wir die Bohnen auf einem Holzfeuer und pulverisieren sie anschließend in einem Mörser. Die gerösteten Bohnen verströmen ein köstliches Aroma. Natürlich bereiten wir mit den selbstgerösteten und handgemörserten Bohnen zum Schluss einen köstlichen Kilimanjaro-Kaffee mit leicht rauchigem Aroma.


Kaffebohnen - die roten sind reif für die Ernte


Der Rauch erzeugt ein besonderes Aroma



Abends, zurück auf dem Campingplatz, reißt endlich die Wolkendecke über dem Kilimanjaro auf. Zum ersten Mal sehen wir den Gipfel rotbraun im Abendlicht aufleuchten, dazwischen schmale Schneefelder, umgeben von Nebelschwaden und Wolkenfetzen. Geil!


Am Abend reißt endlich die Wolkendecke auf


Kilimanjaro vom Kahawa Shamba Camp aus

Die Mahlzeiten in dem Camp werden von Dorffrauen zubereitet, die sich viel Mühe geben, dass es den Gästen schmeckt. Es sind lokale Gerichte, wie Bananensuppe, verschiedene Gemüse und Reis. Als wir mit dem Abendssen fertig sind, ist die Sonne schon längst untergegangen. Wir sind die einzigen Gäste in der Campsite. Bis auf den Wächter, der unsichtbar irgendwo im Dunkeln sitzt, sind alle Angestellten nach Hause gegangen.

Es gibt natürlich keinen Strom und so sitzen wir im Finstern vor unserem Zelt und betrachten den Sternenhimmel. Er ist wunderschön und alle paar Minuten zischt eine Sternschnuppe vorbei. Ich könnte stundenlang in dieses Sternenmeer starren, aber bald treibt uns die Kälte ins Zelt und in die Schlafsäcke. Zum ersten mal auf der Reise bin ich froh, einen Wollpulli dabei zu haben.

Mongyoni Falls

Zum Frühstück am nächsten Morgen gibt es wieder Bananensuppe. Und dazu kräftigen, schwarzen Kilimanjaro-Kaffee. Aber das beste ist der Blick auf den Kilimanjaro im Morgenlicht. Für etwa eine halbe Stunde reißt die Wolkendecke auf und er zeigt sich in seiner ganzen Pracht. Die Luft ist so klar, dass man meint, jeden einzelnen Felsbrocken auf dem Gipfel erkennen zu können. Dann, praktisch von einem Moment auf den anderen, verschwindet er wieder im Dunst, als sei er nie da gewesen.


Morgenlicht


Ein paar Augenblicke später wird der Kili wieder verschwunden sein

Wir haben für heute eine weitere Tour geplant, eine Wanderung zu den Mongyoni Falls. Bevor wir zu den Wasserfällen aufbrechen, bekommen wir von unserem heutigen Guide, auch er ist ein lokaler Kaffeebauer, Wanderstöcke ausgehändigt.

Von der Camp Site erreicht man die Wasserfälle in einer etwa dreistündigen Wanderung. Der Pfad führt in stetigem auf und ab durch Wälder und Plantagen und an Wasserläufen entlang. Immer wieder geht es kurze, steile Hänge hinauf. Belohnt für unsere Mühe werden wir mit schönen Ausblicken in die umliegenden Täler.


Zu den Mongyoni Falls


Begegnung unterwegs - Chamäleon

Den Wanderstock kann ich gut gebrauchen, stellenweise ist der Weg glatt und schlüpfrig und ich bin froh, ein drittes Bein dabei zu haben. Nach ein paar Flußüberquerungen und einem letzten Aufstieg sind wir bei den Mongyoni Falls. Eigentlich ist es nur ein kleiner Wasserfall, der sich über etwa 50 m in ein Felsenbecken ergießt. Es ist nicht der spektakulärste Wasserfall, aber eingebettet in die üppige Vegetation der Berghänge ist er wunderschön.


Mongyoni Falls

Dann geht es zurück nach Moshi. Dort suchen wir als erstes den Busbahnhof auf. Der befindet sich auf einem großen Platz im Zentrum und wirkt etwas chaotisch. Es ist nicht leicht zu durchschauen, wer wann wohin fährt. Wir fragen uns durch und landen schließlich in einem kleinen Büro der Busgesellschaft Hood.

Der nächste Bus Richtung Südwesten mit noch freien Sitzplätzen startet am Sonntagmorgen um 7 Uhr, also übermorgen. Ich kaufe zwei Tickets (je 42000 Tsh) nach Iringa. Das Städtchen liegt mitten in Tansania. Nicht, dass ich schon immer mal nach Iringa wollte, aber 13 Stunden Busfahrt am Stück sind genug für einen Tag. Wir werden dann in Iringa übernachten und am nächsten Tag weiter nach Mbeya und von dort nach Sumbawanga fahren.

Abends wieder im Haria Hotel genieße ich die warme Dusche, endlich mal kein Stromausfall.

vom: 02.06.2014 21:17 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Lake Chala

Vor der Weiterfahrt Richtung Iringa müssen wir noch einen Tag in Moshi verbringen. Ich hatte schon früher von einem See in der Nähe gehört, der sehr schön und einen Besuch wert sein soll. Der Lake Chala liegt etwa eine Autostunde von Moshi entfernt in Richtung kenianische Grenze. Da es dorthin kein Matatu gibt chartern wir ein Taxi, das uns für 70000 TZS hin und wieder zurück bringen wird.

Die Fahrt ist, zumindest auf dem letzten Drittel, ziemlich staubig. Trotz geschlossener Fensterscheiben ist das Fahrzeuginnere nach kurzer Zeit mit einer dünnen, rötlichen Staubschicht bedeckt. Kommt ein Fahrzeug entgegen, sieht man eine Weile gar nichts mehr. Manchmal müssen wir anhalten und warten bis sich der Staub verzogen hat, und die Sicht wieder frei ist. Auf der Strecke sind auch Boda-Bodas unterwegs, keine Ahnung, wie die Fahrer da noch atmen können.

Der Chala-See ist ein Kratersee. Durch seine Mitte verläuft die Grenze zwischen Tansania und Kenia. Er ist von einer 80 bis 100 m hohen, fast senkrecht aufragenden Kraterwand umgeben. Sein Wasser bekommt er von unterirdischen Zuflüssen, die vom Kilimanjaro kommen.


Lake Chala

Und dann liegt er vor, bzw. unter uns. Die Wasseroberfläche leuchtet grün-türkis, ein schöner Kontrast zu der eher von Braun- und Rottönen geprägten Umgebung. Um ans Wasser zu kommen, muss man das Gelände des Lake Chala Safari Camps überqueren und von dort einen schmalen, teils steilen Pfad hinab klettern. Für die Überquerung des Geländes des Safari Camps sollen wir 5 USD pro Person bezahlen, was ich als Wegelagerei empfinde.


Lake Chala

Nach einem kurzen, steilen Abstieg erreichen wir einen steinigen Badeplatz. Es ist nicht ganz einfach sich hier bequem einzurichten. Aber egal, erstmal nichts wie hinein ins kühle, klare Wasser. Wir relaxen ein paar Stunden am Seeufer, genießen die Natur, die Ruhe und die großartige Kulisse der schroffen, mit seltsamen Pflanzen bewachsenen Kraterwand.


Vielleicht doch etwas dran an der Krokodil Geschichte?

Der See, so heißt es, sei sicher zum Schwimmen, keine Krokodile und keine Bilharziose. Meine Freundin meint, das sagen sie vielleicht nur, damit die Gäste keine Angst bekommen. Später erfahre ich, dass es zumindest früher in dem See Krokodile gegeben hat. Zuletzt im Jahre 2002 war ein Mädchen beim Baden von einem Krokodil getötet worden.

Aber es ist ein schöner und friedlicher Ort und wenn wir mehr Zeit hätten, würde ich hier gerne mein Zelt für ein oder zwei Nächte aufschlagen. Auf jeden Fall kommt der Lake Chala auf die Liste der ‚Irgendwann-noch-einmal-besuchen-Orte‘.



Als wir am späten Nachmittag Richtung Moshi zurückfahren, zeigt sich der Kilimanjaro zum Abschied ein letztes Mal ohne Wolkenhaube.

Moshi – Iringa – Mbeya - Sumbawanga (24-11-2013 bis 26-11-2013)

Sonntag. Wir stehen um 6 Uhr auf, es ist noch dunkel und kühl in Moshi. Da es wieder einmal keinen Strom gibt, ist auch die Dusche ziemlich kalt. Frühstück gibt es im Haria Hotel auch noch nicht um diese Zeit. Aber weise vorausschauend haben wir uns am Tag zuvor ein paar Kekse gekauft, sodass wir nicht mit leerem Magen zum Busabfahrtsplatz gehen müssen. Um 7 Uhr soll man dort sein, um 8 Uhr soll es losgehen, um 9 taucht endlich der Hood-Bus auf.

Die Straße ist gut asphaltiert und schnurgerade und so rast der Hood-Bus mit allem was sein gequälter Motor hergibt durch tansanisches Flachland. Auf der linken Seite ziehen sich parallel zur Straße lange, steil aufragende Bergketten hin, auf der rechten Seite tauchen immer wieder kegelförmig Berge auf, die in dem flachen Buschland irgendwie deplatziert wirken.


Tansania gesehen durch das Fenster eines Hood Buses

Der Bus stoppt immer wieder mal kurz um neue Fahrgäste aufzunehmen. Manche sind fliegende Händler und wollen nirgendwo hinfahren, sondern etwas verkaufen.

Ein Mann in einem schäbigen Anzug, er sieht aus wie ein Handelsvertreter, stellt sich in den Mittelgang, öffnet einen Musterkoffer und beginnt lautstark seine Produkte anzubieten. Er hält ein Fläschchen mit einem medizinischen Öl in der Hand, das gegen viele Leiden helfen soll. Erkältung, Schmerzen, Fieber und mehr. Offensichtlich sind alle im Bus gesund, keiner kauft seine Fläschchen. Als nächstes fischt er eine Tube aus seinem Musterkoffer. Es ist eine Creme gegen Pickel. Um zu demonstrieren, dass die Anwendung ungefährlich ist, cremt er sich das Gesicht dick ein, bis es weiß ist und wie eine Speckschwarte glänzt. Und tatsächlich, Pickel scheinen bei den Damen im Bus ein Problem zu sein, die Antipickelcremes gehen weg wie warme Semmeln.

Plötzlich halten wir in einem staubigen Nest in einem staubigen Hinterhof, in dem noch zwei weitere Hood-Busse stehen. Der linke Hinterreifen, er sieht aus, als wäre er schon 20 mal runderneuert worden, hat den Geist aufgegeben und muss ersetzt werden. Der Ersatzreifen sieht auch nicht viel besser aus, aber er ist wohl das Beste was sie haben. Nach ungefähr einer Stunde palavern und montieren geht es weiter.

Beim nächsten Stopp steigt ein Cashewnussverkäufer ein. Ich kaufe uns ein Päckchen und sie sind so super lecker frisch und knackig, dass ich gleich noch eins nachkaufe, bevor der Händler den Bus wieder verlässt. Als nächstes kommt ein Prediger in den Bus, predigt ein Viertelstündchen und nach ein paar Halleluja steigt er irgendwo auf freier Strecke wieder aus. Manche Fahrgäste stecken ihm etwas Geld zu. Jetzt bin ich sicher, dass wir unser Ziel wohlbehalten erreichen werden.

Einer der größten Nachteile beim reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist, dass man nicht einfach anhalten kann, wo und wann man will. Besonders schmerzlich ist das, wenn man durch tolle Landschaften fährt und keinen Fotostopp machen kann. Vor Iringa wird die Landschaft richtig toll. Berge, Flüsse, Schluchten, Sonnenuntergang, tolles Licht, Affen in kleinen Gruppen am Strassenrand, Tiere deren Name ich nicht kenne. Leider rast der Busfahrer wie ein Irrer durch die schöne Gegend, peitscht den Bus durch die Kurven, dass es uns nur so hin- und herschleudert, überholt rücksichtslos alles was langsamer ist, und es wird auch schon langsam dunkel, sodass ich das nicht mehr richtig genießen kann.

Iringa

Während der Busfahrt habe ich mir zwei oder drei Hotels aus dem Lonely Planet herausgeschrieben. Das Central Lodge Hotel (30000 TZS/DZ) unweit des Busbahnhofs ist das erste das wir aufsuchen. Es macht einen etwas schäbigen und etwas schmuddeligen Eindruck, aber der Manager gleicht das durch überbordende Freundlichkeit glatt aus. Oft machen mich unbekannte Menschen, die allzu freundlich sind, eher misstrauisch. Aber bei ihm kommt das so natürlich rüber, dass ich denke er ist einfach froh, dass endlich mal Gäste kommen. Außer unserem ist nur ein weiteres Zimmer mit Gästen belegt.

Es gibt einen kleinen TV im Zimmer worüber sich meine Freundin freut. Auf der verschneiten Mattscheibe kann man mit Fantasie gerade noch ein Bild erahnen. Mir ist das zu flimmrig und da der Manager uns unbedingt noch etwas Gutes tun möchte, lasse ich ihn zwei Kilimanjaro Biere bringen. Eigentlich hätte ich noch Hunger gehabt, aber nach den vielen Stunden im Bus bin ich zu müde, um noch nach einem Restaurant zu suchen. Wir knabbern die restlichen Cashewnüsse und dann fiel entweder der Strom aus, oder ich muss eingeschlafen sein.

vom: 04.06.2014 21:19 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Iringa – Mbeya

Ich wache früh auf. Ein paar Blutsauger haben in der Nacht einen Weg durch die Löcher des Moskitonetzes ins Innere gefunden. Sie sitzen jetzt prall gefüllt und zufrieden am oberen Ende des Netzes. Ich überlege kurz, ob ich den Tag mit einem Massaker beginnen soll, entscheide mich dann aber erst mal für eine Dusche. Um warmes Wasser zu bekommen muss man einen Elektroschalter auf ‚on‘ stellen. Mit dem Mischen klappt es nicht so gut, mal kommt das Wasser kochend heiß, mal ziemlich kalt, aber im Mittel gesehen ist es eine warme Dusche. ;)

Später gibt es ein spartanisches Frühstück. Der Hotelmanager und ein Angestellter gesellen sich zu uns und wir frühstücken zusammen. Ich frage die beiden nach Transportmöglichkeiten Richtung Mbeya. Der Manager, er ist immer noch so freundlich und hilfsbereit wie am Abend zuvor, freut sich, dass er schon am frühen Morgen etwas für uns tun kann. Er bietet an, mit zum Busbahnhof zu gehen und uns einen Bus zu suchen. Bevor wir gehen unterhalte mich noch kurz mit den einzigen weiteren Hotelgästen, einem Pärchen aus England. Sie wollen in den Ruaha Nationalpark, aber da die Preise für eine Safari recht hoch sind, suchen sie noch Mitfahrer zwecks Kostenteilung.

Schade, hätten wir mehr Zeit gehabt, hätten wir uns gerne angeschlossen. Aber ich möchte auf keinen Fall die Abfahrt der Liemba verpassen und ich kann nur vage abschätzen, wieviel Zeit wir bis zum Tanganjikasee brauchen werden.

Wir packen also schnell zusammen und laufen zusammen mit dem Manager los. Tatsächlich haben wir Glück, ein mittelgroßer Bus steht mit laufendem Motor abfahrbereit am Busbahnhof. Es sind gerade noch zwei Plätze frei. Die Nahverkehrsbusse fahren meistens erst los, wenn alle Plätze restlos besetzt sind. Das kann nervig sein, wenn noch ein oder zwei Plätze frei sind und einfach keiner mehr kommt, der mitfahren will. Mit uns ist der Bus voll und so fährt der Nganga-Express kurz nach 10 Uhr Richtung Mbeya ab.


Landschaft um Iringa (Foto Crypto)

Wir haben von Iringa nicht allzu viel gesehen, aber das wenige macht einen angenehmen Eindruck. Auch die Landschaft mit den sanften, grünen Hügeln, Kiefernwäldchen und Teeplantagen ist wunderschön. Eigentlich schade, hier nur durchzurasen. Ich kann mir gut vorstellen, noch einmal hierherzukommen um die Gegend genauer zu erkunden.

Der Zustand des Tanzam-Highways bis Mbeya ist exzellent und ermöglicht ein flottes Vorankommen. Unterbrochen wird die Fahrt nur durch gelegentliche Polizeikontrollen. Die Polizisten sind dabei ausgesprochen freundlich. Manchmal kommt einer in den Bus, begrüßt uns Reisende und fragt, ob alles in Ordnung sei, oder ob es Probleme gäbe. Darauf allgemeines Kopfschütteln und Gemurmel und er verlässt den Bus wieder, wünscht uns gute Reise. Im Vergleich zu den kenianischen Polizisten scheinen die richtig nett zu sein.



Nach knapp sieben Stunden erreichen wir Mbeya. Direkt beim Busbahnhof, etwas außerhalb des Zentrums, liegt das New Millennium Inn Hotel. Es ist von der preiswerten Sorte (19000 TSH/DZ), aber durchaus empfehlenswert. Die Zimmer sind sauber, es gibt heiße Duschen und da wir gleich am nächsten Morgen weiterfahren wollen, ist auch die Lage perfekt.

Etwas befremdlich sind die vielen Heuschrecken. Ich weiß nicht, ob das in Mbeya allgemein ein Problem ist, oder ob nur gerade heute ein Schwarm Wanderheuschrecken zwischengelandet ist, jedenfalls sitzen sie überall. In der Lobby des Hotels, auf den Treppen, an den Wänden und Decken. Man muss schon sehr aufpassen um nicht ständig auf eine zu treten.

Auch in unserem Zimmer sitzen sie. Meistens starr und unbeweglich, doch manchmal fliegt eine plötzlich los und landet kurz darauf mit einem trockenen, hölzernen Geräusch irgendwo zwischen dem Mobiliar. Ich hätte sie einfach ignoriert, in der Hoffnung, dass sie mich dann auch ignorieren, aber meine Freundin findet sie gruselig. Ich fange alle die ich bekommen kann in einem Becher ein und schmeiße sie aus dem Fenster. Sollen sie doch draußen dumm herumsitzen und blöde gegen irgendwelche Hindernisse knallen.

Dann gehen wir rüber zum Busbahnhof und suchen nach einem Bus nach Sumbawanga für morgen früh. Tatsächlich gibt es den Sumry-Bus (16000 TSH) um 6.30 Uhr morgens. Laut Lonely Planet ist die Sumry Buslinie einer der besten und zuverlässigsten in Tansania.

Jetzt bin ich richtig hungrig. Seit dem Frühstück in Iringa haben wir nichts Gescheites gegessen und das Frühstück dort war genau genommen auch nichts Gescheites. Wieder einmal hilft der Blick in den Lonely Planet. Dort wird das Restaurant des Mbeya Hotels empfohlen. Wir nehmen ein Taxi ins Zentrum. Das Restaurant befindet sich in einem ehemaligen Bahnhofsgebäude aus kolonialen Zeiten und hat den entsprechenden Charme. Hohe Hallen, kristallene Kronleuchter, Säulengänge und alte Fotografien an der Wand. Der Service ist furchtbar lahm, aber das Essen war super. Dickes Lob an den Koch für sein vorzügliches Chicken Byriani.

Mbeya – Sumbawanga

5 Uhr 30 aufstehen. Natürlich ist es noch dunkel in Mbeya und wer es sich leisten kann, schläft jetzt noch. Ein Griff zum Lichtschalter zeigt dass es Strom gibt. Das bedeutet zweierlei, erstens die Chance auf eine warme Dusche und zweitens auf einen heißen Kaffee. Ich habe einen kleinen Reisetauchsieder im Gepäck und alles was man sonst zum Kaffee oder Tee zubereiten braucht, also Becher, Pulverkaffee, Milchpulver und Teebeutel. Das ist ziemlich praktisch, vor allem wenn man früh morgens los muss und alles noch geschlossen ist.


Mobile Küche

Kurz nach 6 Uhr, es ist immer noch stockdunkel, stehen wir am Busbahnhof und suchen den Sumry-Bus nach Sumbawanga. Natürlich ist der noch nicht da und so stehen wir eine halbe Stunde in der Dunkelheit herum, umgeben von ebenso dunklen Gestalten, die entweder auch auf den Bus warten, oder anderen zwielichtigen Tätigkeiten nachgehen.

Dann kommt der Bus der angeblich besten und zuverlässigsten Gesellschaft Tansanias (L. P.). Er ist alt, rostig, verbeult und total verschmutzt. Die Frontscheibe ist an vielen Stellen durch Steinschlag beschädigt, direkt im Blickfeld des Fahrers ist sie spinnennetzartig zersprungenen, als hätte jemand darauf geschossen.

Bevor einer einsteigen darf, fegt ein Putzmann mit einem gewaltigen Besen eine Tonne Müll aus der Vordertür, direkt vor unsere Füße. Wir müssen ein paar Meter zurücktreten um nicht in der Staubwolke zu stehen. Ich schaue und staune. Plastikflaschen, Tüten, Papier, Kartons, Essensreste, Sand, Staub, Dreck, alles fliegt raus und landet auf einem großen Haufen. Von Innen sieht der Bus nicht viel besser aus als von außen, aber wenigstens ist der gröbste Dreck entsorgt. Die Sitze sind durchgesessen und von unzähligen Fahrten auf holprigen Pisten total ausgeleiert.

Gegen 7 Uhr geht es los. Das Getriebe kracht bei jedem Schaltvorgang, die Bremse riecht nach verschmortem Gummi und der Diesel hört sich an, als hätten sie rostige Nägel im Tank. Aber er fährt.

Die Straße nach Sumbawanga ist ungeteert, staubig und voller Schlaglöcher. Wir haben Glück und sitzen in der Mitte, die Passagiere auf den hinteren Plätzen knallen bei gröberen Bodenunebenheiten regelmäßig mit dem Kopf ans Dach. Die Fenster lassen sich nicht richtig schließen. Das bedeutet sieben Stunden staubschlucken.

Trotz all dieser Widrigkeiten habe ich die Fahrt nach Sumbawanga genossen.

vom: 06.06.2014 19:56 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Sumbawanga - Mpulungu

Sumbawanga wirkt relaxed. Auf den Hauptstraßen und rund um den Busbahnhof geht es zwar lebhaft zu, aber ohne dass es stressig ist. Der Straßenverkehr ist moderat, was bei der abgelegenen Lage Sumbawangas nicht erstaunlich ist.

Wir müssen eine Nacht in Sumbawanga bleiben. Bis zum Grenzort Kasesya nach Sambia sind es zwar nur knapp 100 km, aber der Bus fährt nur einmal pro Tag gegen 12 Uhr Mittags ab. Der Grenzübergang bei Kasesya ist schwach frequentiert. Die meisten Reisenden gehen über Tunduma (ca. 220 km südöstlich) nach Sambia.

Laut Lonely Planet soll es gelegentlich LKWs geben, die bis zur Grenze fahren, aber es gelingt uns nicht, einen ausfindig zu machen. Als wir diesbezüglich herumfragen, bekommen wir lediglich Fahrten mit privaten PKWs angeboten. Zu einem Preis von 80 USD ist mir das zu teuer. Außerdem müssten wir, da die Grenze gegen 18 Uhr schließt, dann in Kasesya übernachten. Und selbst wenn wir das heute noch schaffen, wäre ein Weitertransport von der Grenze in Sambia sehr ungewiss.

Wir lassen unser Gepäck in einem kleinen Hotel und gehen erst mal etwas essen. Dann zum Busbahnhof, Verbindungen für morgen checken. Dort werden wir sofort von einer Gruppe junger Männer umringt und belabert. Dabei wedeln sie mit Blocks in den Händen, die Bögen mit Ticketvordrucken enthalten. Seitdem ich in Kenia einmal beinahe auf einen Ticketbetrüger hereingefallen wäre, bin ich vorsichtig geworden und kaufe Tickets nur in einem Booking Office. Da das kleine Büro der nach Kasesya fahrenden Busgesellschaft unbesetzt ist, lassen wir uns von einem der Ticketboys auf eine Reservierungsliste für den morgigen Tag setzen. Aber bezahlen werde ich erst morgen.


Busbahnhof Sumbawanga

Abends laufen wir noch ein bisschen durch Sumbawanga. Da es mal wieder keinen Strom gibt, ist es sehr dunkel und man sieht außerhalb der flackernden Lichtscheine der Petroleumlampen in den kleinen Geschäften nicht viel. In einem winzigen Restaurant, dessen Einrichtung aus drei wackligen Holztischen besteht, essen wir gegrilltes Fleisch und gebratene Bananen. Das Fleisch ist so zäh, dass ich das meiste einem kläglich miauend dürren Kätzchen überlasse.

Am nächsten morgens klopft es früh an die Tür des Hotelzimmers. Draußen steht der Manager mit einem der Typen, die wir gestern auf der Straße nach LKWs oder Sammeltaxis Richtung Grenze ausgefragt hatten. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass ein Mzungu nach Transportmöglichkeiten gefragt hat. Vor dem Hotel steht ein Minivan und der Fahrer würde uns für rund 80 USD nach Kasesya fahren. Ich winke ab. Wir haben jetzt schon die Busfahrt organisiert.


Der Bus von Sumbawanga nach Kasesya


Im Bus von Sumbawanga nach Kasesya

Der kleine Bus ist bis zum Anschlag mit Menschen und Gepäck vollgestopft. Wir haben die Plätze ganz vorne neben dem Fahrer. Es regnet leicht, als wir gegen 13 Uhr losfahren. Außer mir sind noch zwei weitere Wazungu zugestiegen. In diesem Teil Tanzanias sieht man selten Weiße und noch seltener in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Die Straße ist zunächst super, frisch geteert und in perfektem Zustand. Aber schon nach kurzer Zeit verwandelt sie sich in eine rote, schlammige Piste. Das überladene Fahrzeug quält sich ächzend und schlingernd durchs Buschland.


Die Straße von Sumbawanga nach Kasesya



Am Straßenrand einzelne aus luftgetrockneten Ziegeln gemauerte Häuser mit Dächern aus Stroh, manche haben ein Wellblechdach. Zerlumpte Kinder winken dem Bus hinterher, die Erwachsenen starren nur mit ausdruckslosen Gesichtern. Mit Kisten, Körben, Säcken und anderen Gegenständen beladene Lastenfahrräder kommen uns entgegen. Oft werden sie geschoben, da sie unter diesem Gewicht kaum noch fahrbar sind.



An einer abschüssigen, besonders schlüpfrigen Stelle, kommt der Bus ins schleudern. Der Fahrer verliert für einen Moment die Kontrolle über das Fahrzeug. Wir rutschen in eine tiefe Furche und es gibt einen lauten Knall. Da war wohl ein Fels im Weg. Ernsthaft beschädigt ist aber nichts. Nach kurzer Inspektion und ein paar Fußtritten gegen das Blech steigt der Busfahrer wieder ein und es geht weiter.

Kurzer Ess- und Pinkelstopp in dem kleinen Kaff Matai auf halber Strecke. Ich bleibe im Bus sitzen weil ich weder Hunger habe noch Lust eine afrikanische Dorftoilette kennen zu lernen. Wie so oft auf meinen Afrikareisen höre ich helle Stimmchen rufen: „Mzungu, Mzungu“. Ich schaue aus dem Fenster und da steht die Dorfjugend um den Bus versammelt um den Alien anzustarren.


Mzungu-Starren in Matai

Ich sage „Hello everybody“ und sie antworten im Chor „Hello Sir“ ohne dabei den starren Blick abzuwenden. Ich zücke meine Kamera und endlich kommt Bewegung in die Gruppe. Schreiend und lachend spritzen sie auseinander, verstecken sich, kommen wieder zurück und rennen wieder weg. Dann fährt der Bus los.

Als wir an einer kleinen Häuseransammlung anhalten und alle aussteigen, fragen wir ob dies die Endstation sei.

„Yes Sir, Kasesya, Border.“

Kasesya, der Grenzort, ist einer dieser Orte, an denen man nicht länger als unbedingt nötig verweilen möchte. Es gibt nichts außer einer staubigen Straße, ein paar ärmliche Häuser und ein heruntergekommenes Guesthaus, das davon lebt, dass der Grenzposten nur tagsüber (bis 18 Uhr) besetzt ist. So kommt es gelegentlich vor, dass einer der wenigen Reisenden, der diesen Übergang nach Sambia benutzt, hier die Nacht verbringen muss.

Meine Freundin braucht eine Toilette. Wir gehen zum Hotel und während sie im Hinterhof verschwindet, tausche ich bei einer dicken Frau, die in der Hotelbar herumlungert, ein paar tansanische Schilling in sambische Kwacha. Meine Freundin kommt zurück, sie hat die Zimmer und die Toiletten gesehen.

„Hier möchte ich nicht übernachten“ meint sie leicht schaudernd.

Nun das hatten wir auch nicht vor. Also los, den Seesack geschultert, und zur tansanischen Immigration marschiert. Das Auschecken aus einem Land geht in der Regel schnell und da wir hier die einzigen Grenzgänger sind, dauert es keine Minute und ich habe den Exit-Stempel im Pass.

Die Grenzstationen von Tansania und Sambia liegen schätzungsweise einen Kilometer auseinander, verbunden durch eine Erdstraße, die durch einen Streifen Niemandsland führt. Dieses Niemandsland wirkt total verlassen, ein paar Häuserruinen, dazwischen vereinzelte Büsche, sonst nichts. Kein Auto, kein Mensch zu sehen. Während wir nach Sambia laufen, fragen wir uns, was wohl wäre, wenn uns hier etwas zustoßen würde. Kein Land wäre für uns zuständig, aus Tansania sind wir ja schon ausgereist und in Sambia noch nicht eingereist. Zum Glück stößt uns nichts zu und wir erreichen unbeschadet die sambischen Grenzgebäude.

Es ist ein kleines Häuschen in dem zwei Grenzbeamte sitzen. Einer ist damit beschäftigt, die zwei Wazungu, die mit uns im Bus nach Kasesya saßen, mit Visa auszustatten, der andere damit, in einer Zeitschrift zu blättern. Ich gehe mit unseren Pässen in der Hand auf ihn zu, er meint jedoch, ich solle draußen warten, bis sein Kollege mich ruft.

Die zwei Wazungu kommen schon bald aus dem Grenzerhäuschen. Sie sind US-Amerikaner, eine Frau und ein Mann, aber kein Paar, wie sie später erzählen. Sie reisen bloß eine Weile zusammen. Sie sagen, sie wollen nach einer Transportmöglichkeit weg von der Grenze suchen.

„Falls ihr etwas findet, wartet bitte auf uns“ sage ich.

Sie versprechen es.



Dann werden wir vom Customs Officer ins Büro gerufen. Er betrachtet unsere Pässe eingehend von allen Seiten und meint schließlich, mein Visum sei kein Problem, vorausgesetzt ich könne 50 USD Gebühr bezahlen, aber meine Freundin müsse eine Geburtsurkunde mit sich führen, das sei für Kenianer Vorschrift. Ihr Pass alleine reiche nicht aus für die Einreise nach Sambia .

Natürlich hat sie keine Geburtsurkunde dabei und hat auch noch nie gehört, dass sie eine solche für die Einreise nach Sambia bräuchte. Ich teile dem Officer mit, wenn sie kein Visum bekommt, will ich auch keins, dann gehen wir halt zurück nach Tansania.

Der Officer nimmt sein Handy und verlässt den Raum. Wir warten. Nach fünf Minuten kommt er zurück und sagt, er habe mit seinem Vorgesetzten gesprochen und er könne das Visum für meine Freundin nur ausstellen, wenn wir eine kleine Extragebühr zahlen würden. Ah, jetzt wird mir klar was die Show bezweckt. Ich frage wie hoch die Gebühr sei.

„20 000 TZH.“Sagt er.

Das sind etwa 9 Euro.

„Ok, no problem.“ Sage ich.

Und dann sind wir in Sambia.

vom: 06.06.2014 20:01 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Nahe den Grenzgebäuden stößt man auf eine kleine Ansammlung von Häuser. Ich habe keine Ahnung, ob der Ort einen Namen hat. Hier beginnt die Erdstraße Richtung Mbala, dem nächsten größeren Ort in Sambia. Dort treffen wir auf die zwei US-Wazungu, die auf ihren Rucksäcken am Straßenrand sitzen. Wir setzen uns dazu. Außer zwei oder drei Motorradfahrer kein Fahrzeug weit und breit. Kein Bus, kein Truck, kein PKW.

Aus einiger Entfernung werden wir von einer Schar Kinder neugierig beobachte. Ich winke sie heran, aber sie trauen sich nicht. Die kleineren verstecken sich hinter den größeren.

Während wir warten vertreibe ich mir die Zeit damit, ein bisschen zu fotografieren.


Grenzort Sambia


Grenzort Sambia


Grenzort - Sambische Dorfschönheiten


Grenzort - Boda Boda


Grenzort - Sambische Dorfschönheiten


Grenzort

Endlich ein Motorengeräusch. Eine lange Staubfahne hinter sich herziehend nähert sich ein großer LKW. Etwa 200 m von uns entfernt bleibt er stehen. Ein älterer Afrikaner, der auch auf Transport wartet, springt auf und eilt dem LKW entgegen. Es ist ein Viehtransporter. Auf der Ladefläche drängt sich eine Ziegenherde. Wir bleiben sitzen.

Aus dem Nachmittag wird langsam später Nachmittag, dann früher Abend. Die Sonne sinkt tiefer, die Schatten werden länger und ich befürchte schon, wir müssen an diesem trostlosen Ort die Nacht verbringen. Ein Zelt haben wir dabei. Ich beginne den Ort gedanklich nach einem geeigneten Platz abzusuchen. Die Amerikanerin denkt darüber nach, nach Mbala zu laufen und ihr Reisegefährte darüber, eines der Motorräder zu mieten.

Plötzlich kommt ein Mann auf uns. Er hat ein Handy in der Hand und fragt, ob er ein Taxi rufen soll. Er kennt jemand in Mbala der ein Auto hat. Ich frage nach dem Preis. Der ist OK. Viel Spielraum für Verhandlungen haben wir an diesem verkehrsarmen Ort sowieso nicht.

Auf das Taxi müssen wir noch fast eine Stunde warten. Als es kommt, ist es schon voll. Der Fahrer hat unterwegs Leute aufgenommen, die noch irgendwohin wollen. Als ich sage, dass wir den Fahrpreis durch alle Mitfahrer teilen, ist das Taxi plötzlich wieder leer. Als wir losfahren, schaue ich nach dem älteren Afrikaner, um ihm anzubieten, mit uns zu fahren. Ich kann ihn nirgends entdecken. Vielleicht hat er auf dem Viehtransporter zwischen den Ziegen einen Platz gefunden.


Das Taxi kommt


zum Abschied Mzungu starren ;)

Nach Mbala sind es etwa 25 km Erdstraße. Die Sonne steht jetzt als oranger Feuerball über dem Horizont und taucht die Landschaft in warmes Abendlicht. Wir sind alle erleichtert, dass wir wieder in Bewegung sind. Der Taximann ist auch gut drauf. Er dreht die Musikanlage auf und singt laut mit. Dabei klatscht er in die Hände und schüttelt rhythmisch den Kopf. Ich höre die Frauen hinter mir kichern. Verkehr gibt es auf dieser Straße keinen, lediglich die Schlaglöcher erfordern ein gelegentliches Eingreifen des Fahrers.

Kurz vor Mbala am Lake Chila steigen die beiden Amerikaner aus. Dort gibt es eine nette Lodge, die Lake Chila Lodge. Sie haben dort ein Zimmer reserviert. Wir fahren weiter Richtung Zentrum, wo ich an einem Geldautomaten sambische Kwachas ziehe.

Der Taximann will uns zur Chivunda Lodge (100 Kwacha/DZ) bringen („My sisters Hotel“), etwas außerhalb des Stadtzentrums. Wir schauen uns die Zimmer an, großes Bett, TV, Dusche, einigermaßen sauber, für eine Nacht ok. Ein paar geflügelte Insekten sitzen an den Wänden, aber die sehen nicht gefährlich aus, also was soll‘s. Der Taximann verabschiedet sich mit dem Versprechen, am nächsten Morgen sehr früh wiederzukommen und uns zum Busabfahrtsplatz zu fahren.

Wir machen es uns gemütlich, schauen noch ein bisschen TV. Ich bemerke, dass sich das Zimmer zunehmend mit den fliegenden Insekten füllt. Plötzlich sind sie überall. Ich öffne die Tür zum Bad und kann es kaum glauben. Angelockt durch das Licht der Glühbirne sitzen, grabbeln, fliegen tausende dieser Insekten an den Wänden, der Decke, dem Boden. Unter meinen Füßen knackt es, als würde ich über trockene Zweige laufen. Ich gehe zur Dusche und versuche den Insektenschwarm von den Wänden zu spülen. Doch das führt nur dazu, dass der Abfluss verstopft und sich ein ekliger Insektenbrei auf dem Boden des Badezimmers ausbreitet. Die Lust auf eine Dusche ist mir vergangen.


Chivunde Lodge

Ich rufe die Lodge Managerin um Hilfe. Sie sagt etwas das klingt wie: „Oh my God“, verschwindet kurz, und kommt mit Eimer und Wischlumpen wieder. Doch ihre Bemühungen sind wenig erfolgreich. Zwar schafft sie es den Abfluss wieder frei zu bekommen und einen Eimer voller Insektenleichen aus dem Bad zu schaffen, aber da das Fenster weder eine Glasscheibe noch ein Netz hat, reißt der Strom an fliegenden Insekten nicht ab. Bleibt nur das Licht ausmachen und die Türe schließen. Auch unser Schlafzimmer lässt sich nicht komplett abdichten. In den Wänden unter der Decke sind Öffnungen nach draußen, wohl als Lüftungskanäle gedacht.

Vor dem Schlafen versuchen wir einen Trick. Wir löschen alle Lichter im Zimmer, schalten das Licht im Bad wieder ein und lassen die Türe offen. Dann warten wir, bis alle Insekten ins Bad geflogen sind, machen dort das Licht aus und schließen schnell die Türe. Wir kriegen zwar nicht alle raus, aber es sind deutlich weniger geworden, als wir schlafen gehen.
In der Nacht wache ich ein paar Mal auf, weil etwas über mein Gesicht krabbelt. Zum Glück stechen die Biester nicht. Meine Freundin meint am nächsten morgen:

„For me that was the longest night. I just wanted morning to come we go to Mpulungu.”

Mbala – Mpulungu (28-11-2014)

Zum Frühstück gibt es nur Instant-Kaffee und Kilimanjaro-Tee, gebrüht in unserer mobilen Küche. Während der kleine Reisetauchsieder vor sich hin blubbert, packen wir die Rucksäcke. Keiner hat Lust auf eine Dusche. Es ist gegen acht Uhr und ein wunderschöner, klarer, sonniger Morgen als wir die Lodge verlassen.

Da der Taximann nicht gekommen ist, frage ich die Lodge Lady, wie wir am besten nach Mpulungu kommen. Sie meint, ein paar Kilometer von hier fahren Kleinbusse nach Mpulungu. Wir haben Glück, vor der Lodge steht ein PKW und der Fahrer ist bereit und für 10 Kwacha dorthin zu bringen. Unterwegs kommt ein Matatu entgegen, unser Fahrer macht Zeichen und es stoppt. Wir steigen um. Der Minibus ist schon ziemlich voll, ich bekomme einen Platz vorne neben dem Fahrer und einer dicken sambischen Lady. Meine Freundin quetscht sich auf einen halben Sitz hinten im Van und los geht’s Richtung Mpulungu.


Nirgendwo waren die Matatus voller als in Sambia

Unterwegs hält das Fahrzeug immer wieder an, Menschen steigen ein, Säcke und Körbe werden auf dem Dach zu immer höheren Türmen gestapelt. Im hinteren Teil ist es inzwischen so eng, dass die Passagiere teilweise übereinander sitzen, Beine und Arme in grotesker Haltung verknäult. Der Beifahrer sitzt am Fenster der Schiebetür mit dem Oberkörper draußen, die Beine im Fahrzeuginneren verhakt. Meine Freundin kann ich in diesem Knäul von Leibern, Armen und Beinen nicht mehr sehen.

Ich saß in Afrika schon in einigen überfüllten Verkehrsmitteln, aber die Minibusse in Sambia toppen alles. Und richtig, er hält schon wieder an um zwei weiter Passagiere aufzunehmen…



Dann geht’s hinab zum Tanganjika See. Der Höhenunterschied beträgt über 800m und ist deutlich an der Lufttemperatur zu spüren. Es wird wärmer. Die Landschaft ist phantastisch, leider kann ich keine Fotos machen, da meine Freundin mit dem Rucksack und der Kamera irgendwo im hintersten Teil des Vans verschwunden ist.

Später beschreibt sie die Fahrt so:

„We were eight people at the back sit. This was unbelievable. The other three rows had even more people. It got to a point where the conductor had no space, so he had to hang out of the window. It was so hot inside I felt like I was going to faint despite of the open windows. I was squeezed at the corner.”

Gegen 11 Uhr vormittags erreichen wir etwas zerdrückt, aber wohlbehalten Mpulungu und den Tanganjikasee.

vom: 09.06.2014 22:42 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Mpulungu – Tanganjikasee

Der Tanganjikasee ist mit knapp 700 km Länge und 50 km durchschnittlicher Breite der größte der Grabenbruch-Seen Afrikas. Mpulungu, ein eher kleines Nest, ist Sambias einzige Hafenstadt und Startpunkt unserer Reise mit der Liemba.

Wir sind 2000 km über Land angereist um spätestens heute hier zu sein. Schon morgen, Freitag, den 29. November 2013, soll die Liemba in Mpulungu eintreffen. Noch am selben Tag wird sie wieder die Rückfahrt nach Kigoma antreten. Diese Runde macht sie alle zwei Wochen und wenn sie keine Verspätung hat, dauert die Fahrt pro Richtung zweieinhalb Tage.


Mpulungu Hauptstrasse


Mpulungu

Zuerst suchen wir uns eine Bleibe. Wenn man andere Reisende nach Unterkünften in Mpulungu fragt, wird immer wieder die Nkupi Lodge empfohlen. Die Lodge liegt nicht weit vom Zentrum entfernt in der Nähe des Seeufers. Da ich keine Lust habe mit dem Gepäck dorthin zu laufen, lassen wir uns von einem Taxi fahren. Man kann Bandas (125 Kwacha) mieten, oder alternativ ein Zelt unter den schattigen Bäumen aufstellen. Duschen und Toiletten werden gemeinschaftlich genutzt, sind aber, wie ich später feststelle, makellos sauber. Es gibt auch ein Restaurant in dem man nach Vorbestellung speisen kann und für den abendlichen Durst eine Bar. Ein durchweg empfehlenswerter Ort für Individualreisende, die nicht allzuviel Luxus brauchen.


Nkupi Lodge - Die Bandas sind geräumig und luftig und gefallen uns sofort

Nachdem wir uns in einer der Bandas eingerichtet haben, teste ich gleich mal die Dusche. Ich habe das dringende Bedürfnis mir die letzten Reste der geflügelten Insekten der Chivunda Lodge aus den Haaren zu spülen. Um warmes Wasser zu bekommen muss der Wassertank von einem der Angestellten befeuert werden. Das dauert eine Weile, aber dafür ist die Dusche perfekt. Nicht gerade selbstverständlich in Afrika.

Später gehen wir zum See. Dort gibt es einen kleinen Fischmarkt. Man riecht ihn schon von weitem. Unmengen winziger Fische liegen zum trocknen auf Netzen und Planen oder auf dem nackten Betonboden in der Sonne. Wir setzen uns in den Schatten eines Holzschuppens und beobachten eine Weile das Treiben.

Ich sehe Frauen, die mit Fischen gefüllte Plastikschüsseln auf dem Kopf balancieren, während auf dem Rücken ein in ein Tuch gewickeltes Kleinkind schläft. Andere wenden und sortieren die kleinen Trockenfische. Wieder andere machen das gleiche wie wir, herumlungern und das Geschehen beobachten.


Mpulungu - Fischmarkt


Mpulungu - Fischmarkt


Mpulungu - Fischmarkt


Mpulungu - Fischmarkt

Gleich neben dem Fischmarkt schließt sich ein Secondhand-Kleidermarkt an. Die Verkaufsstände sind aus alten Holzbalken und Wellblech zusammengenagelt. Was angeboten wird sieht alles andere als wertig aus. Neben Schuhen und Kleidung, deren Herkunft aus westlichen Altkleidersammlungen und Spenden kaum zu übersehen ist, gibt es hier allerhand wertloses aus chinesischer und indischer Produktion zu kaufen.


Mpulungu Kleidermarkt

Vom Fischmarkt am Ufer des Sees bis zum Stadtzentrum sind es etwa 10 Minuten zu Fuß. Da ich langsam Hunger bekomme und genug von Fischgeruch und alten Kleidern habe, machen wir uns auf die Socken. Im Zentrum reiht sich Geschäft an Geschäft entlang der Hauptstraße. Es gibt Supermärkte, Geldwechsler, Cybercafés, Restaurants, Bars, Büros der Busgesellschaften, Eisenwarenhandlungen,Werkstätten und vieles mehr. Hier, auf etwa 500 Meter, und in ein paar Seitenstraßen pulsiert das Leben. Es ist ein sehr überschaubarer Bereich. Schon ein paar Meter weg vom Zentrum geht man durch leere Straßen, die Häuser verbergen sich hinter Steinmauern und hohen Hecken, manche sehen auch verlassen aus.

Unweit des Zentrums stoßen wir auf ein kleines Restaurant mit Fried Chicken und French Fries. Also auch in Sambia. Eigentlich hätte ich lieber einen frischen Fisch aus dem See probiert, aber wir sind so hungrig, dass wir ohne zögern hinein stürmen.

Abends in der Lodge waschen wir die ganze dreckige Wäsche, die sich in den letzten Tagen angesammelt hat. Wer weiß, ob wir auf der Liemba Gelegenheit zum waschen haben werden. Dann fällt (natürlich) der Strom aus und wir gehen schlafen sobald es dunkel wird.


Warten auf die Liemba

vom: 09.06.2014 22:45 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Freitag
Die Liemba ist nicht gekommen. Ich frage die Leute von der Lodge, aber keiner weiß etwas Konkretes. Sie sagen, es kommt öfters vor, dass das Schiff einen oder zwei Tage Verspätung hat.

Man sieht von der Nkupi Lodge ein Stück des Tanganjikasees und wenn das Schiff in den Hafen läuft, kann man es von der Lodge aus sehen. Doch so oft ich während des Frühstücks auch auf den See starre, ich sehe nichts außer der strahlend blauen Wasseroberfläche, nicht einmal ein kleines Fischerboot.


Warntafel auf dem Hafengelände

Später gehen wir zum Hafen um uns nach dem Verbleib der Liemba zu erkundigen. Um auf das Hafengelände zu gelangen muss man durch ein großes Tor. Dahinter befinden sich die Gebäude des Zolls und der Hafenbehörde. Wir fragen einen der gelangweilt wirkenden Uniformträger ob er etwas über die Ankunftszeit der Liemba wisse. Das einzige was er weiß ist, dass sie noch nicht gekommen ist. Na toll, das wussten wir auch schon. Er ruft einen Kollegen vom Hafenbüro. Dieser meint, die Liemba sei noch in Kasanga in Tansania und würde entweder im Laufe des Tages oder morgen Vormittag in Mpulungu einlaufen. Sie hätten keinen Kontakt zur Liemba, deshalb könne er nichts Genaueres sagen.

Was macht man mit so einem extra Tag in Mpulungu? Wir gehen zurück in die Stadt, bummeln herum, kaufen in einem kleinen Laden ein paar Kekse, seltsam krumme Kerzen und andere Kleinigkeiten und suchen dann ein Cyber Café auf um mal wieder E-Mails zu checken. Die Verbindung ist schrecklich langsam, ich gebe es bald auf, setze mich auf die Veranda des Cybers und fotografiere ein bisschen, während meine Freundin ihre Facebook Freunde mit den neuesten Infos versorgt.


Mpulungu


Mpulungu


Mpulungu


Mpulungu


Mpulungu

Gegen Mittag gibt’s wieder Fried Chicken mit French Fries und auch das Restaurant ist dasselbe. Während wir essen setzt plötzlich ein starker Regen ein. Im Nu wird die Strasse zu einem reißenden Sturzbach. Eine ältere, aber rüstig Mzungu Lady rettet sich vor den herabstürzenden Wassermassen ins Restaurant. Im Vorbeigehen grüßt sie uns mit einem kurzen „helo“.

Später in der Nkupi Lodge treffen wir den Amerikaner wieder, der mit uns zwei Tage zuvor das Taxi von der sambischen Grenze nach Mbala geteilt hatte. Seine Reisegefährtin ist nicht mehr dabei, sie hat sich von Mbala aus in eine andere Richtung davongemacht.

Er erzählt, dass er seine Geldbörse mit 250 Euro und seinen Kreditkarten in dem Taxi von der Grenze nach Mbale verloren habe, sie müsse ihm aus der Tasche gerutscht sein. Es ist ihm nicht gelungen, den Taxifahrer zu finden. Jetzt wird mir klar, warum der Taximann am nächsten Morgen nicht mehr zur Chivunde Lodge in Mbala gekommen ist. Zufälligerweise habe ich an der sambischen Grenze ein Foto gemacht, auf dem das Fahrzeug, und gut lesbar das Nummernschild zu sehen ist. Ich gebe dem Amerikaner die Info und wünsche ihm viel Glück.

Die Liemba – Ankunft in Mpulungu am 30.11.2013

Am nächsten Morgen bin ich früh wach. Meine Freundin schlummert noch unter dem Moskitonetz. Während ich im schlaftrunkenen Zustand in unserer Reiseküche ein Käffchen zubereite, höre ich plötzlich vom See kommend ein lautes Tuten. Sofort bin ich hellwach. Und gleich nochmal tuuuuuuuuuut.

Ich springe in meine Kleider, schnappe die Kamera und eile Richtung Seeufer. Von der Lodge sind das zum Glück nur ein paar Meter.

Und dann sehe ich sie. Zum ersten Mal live und in natura. Eine leichte Rauchfahne hinter sich herziehend tuckert die Liemba gemächlich Richtung Hafen. Schmale Fischerboote eilen aus allen Richtungen herbei und paddeln hinter dem Schiff her. Menschen wuseln ameisengleich auf den Decks auf und ab. Sie wirkt kleiner, als ich sie mir nach den Fotos und Videos vorgestellt habe. Und wieder das rauhe, langezogene Tuuuuuuuuut. Ich ahne, dass es mit der Ruhe in Mpulungu für heute vorbei ist. Ich hätte keine Minute später kommen dürfen. Nur wenige Augenblicke später verschwindet sie im Hafen von Mpulungu.


Die Liemba in Mpulungu


M.V. Liemba

vom: 19.06.2014 13:20 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Von Mpulungu nach Kigoma

Ein paar Stunden später stehen wir wieder vor dem Eingangstor zum Hafen. Jetzt herrscht reger Betrieb. Der Platz ist voller Menschen. Schiffspassagiere, deren Angehörige und Freunde, Gepäckträger, Händler und viele Neugierige, die einfach nur des Spektakels wegen gekommen sind, stehen, gehen, lungern zwischen den Hafengebäuden herum.

Gleich hinter dem Tor auf der rechten Seite ist die Gepäckkontrolle. Wir reihen uns in eine Warteschlange vor einer verschlossenen Tür ein. Von Zeit zu Zeit wird diese geöffnet, um einen Schwung Menschen und Gepäck nach draußen zu entlassen. Fast gleichzeitig drängen die vordersten der Warteschlange in den Raum, was nicht ohne kleinere Rempeleien abgeht.

Nach etwa einer halben Stunde sind wir an der Reihe mit hineindrängeln. In der Mitte des Raumes steht ein langer Tisch, auf den alle Reisende ihr Gepäck legen müssen.

„Open “ befiehlt einer der Uniformierten.

Gerade möchte ich das auch tun, krame nach dem Schlüssel für das Schloss am Seesack, als mich einer der Uniformierten fragt, ob ich Drogen oder Waffen oder Bomben dabei habe. Ich schüttle bedauernd den Kopf.

„No Drugs, no Weapons, no Bombs“

Darauf gibt er mir zu verstehen, dass ich mit der Inspektion fertig bin. Ich brauche mein Gepäck nicht zu öffnen. Einem Mzungu traut man hier offenbar nichts Böses zu. Bei meiner Freundin dauert es ein bisschen länger, aber als sie die Frage, ob ich ihr „Husband“ sei mit „yes“ bestätigt, geht es auch bei ihr ziemlich flott.

Wieder draußen werden wir zu einem Holztisch gewinkt, hinter dem ein hemdsärmeliger, schmächtiger Mann sitzt und etwas von Departure Fee nuschelt. Das macht 7 Kwacha, dafür gibt es auch eine Quittung und weiter geht es zum nächsten Gebäude, der Immigration. Hier müssen wir die üblichen Formulare ausfüllen, alles doppelt und dreifach: Woher kommen Sie, wohin reisen Sie, Name der Eltern, Geschlecht, Passnummer, ausgestellt wo und wann, … bla bla bla… Datenmüll auf weißen, grünen und gelben Zetteln. Dann bekommen wir die Ausreisestempel, eigentlich geht das ganze recht flott, wenn man erst die lästigen Zettel ausgefüllt hat.


Jetzt trennen uns nur noch...


...wenige Meter von der Liemba


Der Liemba-Markt

Über eine schmale, eiserne Treppe klettern wir an Bord. Auf dem Schiff geht es zu wie auf einem Jahrmarkt. Überall quirliges Gedränge. Auf den stählernen Planken des Vordecks türmen sich Berge reifer Ananas. Händler bieten ihre Waren an. Es wird gefeilscht, diskutiert und gelacht. Das allgemeine Geschrei ist groß. Jugendliche toben durch die Gänge, Familien, beladen mit Kartons und Säcken, streben ihren Unterkünften zu.


An Bord


Liemba Markt



Da wir noch keine Passage gebucht haben, frage ich einen irgendwie offiziell aussehenden Menschen, wo wir ein Ticket nach Kigoma kaufen können. Er führt uns zu einer der Kabinentüren und meint, wir sollen hier auf den Mann warten, der die Schiffspassagen verkauft. Dieser sei gerade in Mpulungu werde aber bald zurück sein.

Eine Stunde später sind wir Besitzer zweier Schiffspassagen von Mpulungu nach Kigoma in der Kabine Nr. 4 auf der MV Liemba. Pro Person kostet das (First Class) exakt 100 USD. Die Kabine ist ein bisschen eng, aber sauber. Die Einrichtung besteht aus einem Etagenbett, einem Tisch, einem Stuhl, einem Schrank, einem Waschbecken und einem an die Wand geschraubten Ventilator. Zwei Fenster lassen etwas Licht und frische Luft hinein.

Wir lassen unser Gepäck in der Kabine. Zunächst müssen wir noch zur tansanischen Immigration. Die ist in der Kabine Nr. 2 auf der anderen Seite. Dort sitzen zwei tansanische Zöllner und sammeln Pässe ein. Wieder Formulare ausfüllen und ich muss 50 USD für das Visum abdrücken. Da Sambia nicht zur East African Community gehört, ist mein altes Visum für Tansania nicht mehr gültig.

Nachdem die Formalitäten erledigt sind, machen wir einen kleinen Erkundungsgang.

Auf dem Deck der 1. Klasse Kabinen befindet sich ein Restaurant, gleich daneben die Bordküche und ein paar Schritte weiter in einem dunklen, höhlenartigen Raum, die Toiletten und Duschen.

Im Restaurant bekommt man zu bestimmten Zeiten warme Mahlzeiten. An der Bar gibt es neben Wasser und Softdrinks auch kaltes Bier. Es herrscht Hochbetrieb und es geht ziemlich laut zu. Auf den Tischen stehen massenhaft leere Bierflaschen. Spüter wird mir klar, die meisten Leute, die hier sitzen und feiern oder durchs Schiff laufen, sind keine Passagiere, sie sind gekommen weil heute hier etwas los ist.



Wir gehen weiter eine Treppe höher auf das Brückendeck. Dort ist es erstaunlich ruhig. Am vorderen Ende befindet sich das Steuerhaus mit den Navigationseinrichtungen. Es ist niemand von der Schiffsbesatzung anwesend und die Tür ist verschlossen. Wir können durch eine schmutzige Glasscheibe einen Blick ins Innere werfen.

Wir setzen uns für einen Moment auf eine der weißen Plastikbänke im hinteren Bereich neben den zwei Rettungsbooten, die seitlich befestigt sind und genießen die Ruhe. Nur leise hört man hier das Gelächter und das Geschrei aus der Bar und von den unteren Decks.

Etwas später steigen wir zwei Treppen nach unten ins Innere der Liemba. Es ist ziemlich düster, nur wenig Tageslicht dringt in diesen Bereich. Hier sind die 2. und 3. Klasse untergebracht. In der 2. Klasse sehe ich Kabinen mit vier Betten und einem kleinen Fenster. Es gibt keinen Ventilator, deshalb ist es ziemlich stickig in den Räumen.

Die 3. Klasse muss sich mit einem großen Gemeinschaftsraum und mit Holzbänken begnügen. Obwohl der halbdunkle Raum noch fast leer ist, ist die Luft dumpf und warm und ich möchte mir nicht vorstellen, hier zusammen mit vielen Menschen Tage und Nächte verbringen zu müssen.

Wieder draußen an der frischen Luft kaufen wir zwei Ananas. Sie sind so reif und saftig, dass der süße Saft förmlich heraustropft.


Ananas fangen

Plötzlich ertönt das Schiffshorn. Es entsteht Hektik an Bord. Wer nicht mitfahren will muss jetzt das Schiff verlassen. Die Händler raffen ihre Ware zusammen und werfen die restlichen Ananas ihren Kollegen an Land zu. Innerhalb weniger Minuten leert sich das Schiff.





Wir legen ab. Mpulungu wird allmählich kleiner und entschwindet schon bald ganz. Erstes Ziel ist Kasanga. Das tansanische Ufer auf der rechten Seite bleibt stets in Sichtweite, links, wo sich jetzt noch Sambia und später der Kongo befinden muss, sieht man bis zum Horizont nur Wasser.



Auf der Liemba ist es erstaunlich ruhig geworden. Die Party ist vorbei, die Bar verweist, statt Gelächter und Geschrei hört man nur noch das gleichmäßige Brummen der Schiffsdiesel. Jetzt ist Zeit für ein bisschen Kreuzfahrtfeeling. Wir lehnen uns an die Reling, genießen die frische Luft, betrachten die langsam vorbeiziehende Küste, beobachten die Schiffsbesatzung bei ihren Tätigkeiten und knüpfen ein paar Kontakte zu mitreisenden Passagieren.

Da ist der junge Franzose, den wir am Abend zuvor in der Nkupi Lodge getroffen hatten. Er arbeitete für eine Firma in Daressalam und wird bald nach Frankreich zurückkehren. Davor möchte er noch ein bisschen von Afrika sehen.

Dann treffen wir die ältere Lady wieder, der wir schon in dem Restaurant in Mpulungu kurz begegnet waren. Sie ist Holländerin und reist seit zwei Jahren alleine durch Afrika. Als sie mir ihr Alter verrät, kann ich es kaum glauben. Sie ist 77 Jahre alt. Sie war schon in fast allen Ländern des Kontinents und kann nicht genug bekommen. Sie reiste auf Kamelen in Nordafrika und auf einem Ochsenkarren durch Madagaskar. Zweimal wurde sie überfallen und ausgeraubt. Ihre Familie hält sie für verrückt.

„Ich mache das noch 5 – 10 Jahre, dann ist Schluss“, sagt sie.

Meinen Respekt hat sie.

vom: 19.06.2014 13:25 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Bis Kasanga, dem ehemaligen Bismarckburg, benötigt die Liemba etwa zweieinhalb Stunden. Kasanga ist der einzige Ort auf der ganzen Strecke bis Kigoma, in dem die Liemba direkt an einem Kai anlegen kann.


Kasanga ist der erste Stop

Kasanga wirkt etwas trist und verlassen als wir am frühen Nachmittag anlegen. Ich sehe ein paar Lagerhäuser und Baracken, eine breite, staubige Straße und ein paar ärmlich wirkende strohgedeckte Häuser. Auf dem Verladeplatz stapeln sich tonnenweise Säcke mit Mais. Zum Glück ist es kein Trockenfisch.


Die Liemba in Kasanga


Für die Kasanga-Kids ist die Ankunft der Liemba ein Ereignis


Zunächst beobachten sie das Schiff vom Hafen aus, nach und nach kommen alle an Bord


Kasanga Boda Boda


Kasanga


Das Verladen dauert die ganze Nacht



Das Verladen der Säcke ist körperliche Schwerstarbeit. Und es dauert die ganze Nacht. Irgendwann sind wir des Zuschauens überdrüssig und verziehen uns in unser Kabinchen. In der Windstille Kasangas bin ich froh, dass wir einen Ventilator haben.

Früh am nächsten Morgen weckt mich die Schiffssirene. Die Liemba hat schon abgelegt, Kasanga verschwindet hinter uns im Morgendunst. Das Schiff ist spürbar voller geworden, nicht nur an Fracht, auch an Menschen.

Im Restaurant beim Frühstück treffen wir auf die anderen Wazungu. Wir setzen uns zusammen an einen Tisch. Es sind vier deutsche Volontäre an Bord gekommen. Sie haben ein Jahr in Sumbawanga verbracht, wo sie an einer Schule gearbeitet haben. Auch ihre Zeit in Tansania geht zu Ende und auch sie wollen vor der Rückkehr nach Deutschland noch etwas von Afrika sehen.

Kaum bin ich mit dem Frühstück halb fertig, ertönt wieder das Schiffshorn. Die Liemba verlangsamt die Fahrt und kommt schließlich ein paar hundert Meter vom Ufer entfernt zum Stehen. Zwischen Kasanga und Kigoma liegen 15 Haltepunkte, alles kleine Dörfer ohne Hafenanlagen. Deshalb muss das Be- und Entladen auf dem offenen See stattfinden. Bei jedem dieser Stopps eilen Holzboote vom Ufer heran, die Menschen und Waren zur Liemba transportieren und von dort abholen. Manche werden gerudert, die meisten sind mit leistungsstarken Außenbordern ausgestattet.



Das geschieht in einem Art Wettstreit, manchmal mit lautem Gebrüll und drohenden Gebärden in Richtung der Konkurrenten. Wer die Liemba zuerst erreicht, hat bessere Chancen Passagiere für die Rückfahrt auf sein Boot zu bekommen. Dabei kommt es schon mal vor, dass einer der Kähne abgedrängt oder sogar leicht gerammt wird.

An Bord der Liemba drängeln sich die Passagiere am Reling um das Spektakel zu beobachten. Natürlich tun wir das auch.



An der Bordwand der Liemba gibt es im mittleren Bereich auf der Höhe des Hauptdecks eine Einstiegsluke. Diese Luke wird von den meisten Passagieren benutzt.



Eine weitere Einstiegsmöglichkeit gibt es auf dem Vorderdeck. Dort befindet sich auch der Lastenkran, ohne den es nicht möglich wäre, die schwere Fracht an Bord zu bekommen.



Die Boote sind mit Menschen, Gepäckstücken, Körben und Säcken beladen.



Manche der kleineren Boote kommen aber auch nur angerudert um zu schauen, oder um ein paar Mangos zu verkaufen.



vom: 19.06.2014 13:25 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Am ersten Tag ist der See friedlich, die Wasseroberfläche spiegelglatt. Die Zubringerboote haben keine Probleme beim Entladen ihrer Fracht. Am zweiten Tag jedoch, als wir schon mehr als die Hälfte der Strecke hinter uns haben, verschlechtert sich das Wetter, Wind und Wellen kommen auf. Plötzlich wirkt das Schauspiel ziemlich beängstigend. Es bedarf schon fast akrobatischer Fähigkeiten um von den heftig auf und ab schwankenden Booten an Bord zu kommen. Besonders sportliche Männer hangeln sich direkt an den Befestigungstauen die Bordwand empor.



An der Einstiegsluke werden Frauen mit ihren auf den Rücken gewickelten Babys ins Schiffsinnere gezogen. Kinder von den Bootsleuten an den Armen gepackt und nach oben gereicht. Weniger sportliche Menschen werden gleichzeitig von oben gezogen und von unten geschoben. Es wundert mich, dass niemand in diesem schwankenden Chaos verletzt oder zerquetscht wird. Diese Show wiederholt sich alle paar Stunden. Manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Dramatik.



Bei jedem Halt füllt sich die Liemba weiter mit Menschen und Fracht. Da die Räume der 3. Klasse unter Deck bald zu eng werden, richten sich immer mehr Passagiere auf den Gängen und Decks häuslich ein. Frauen, Männer, Kinder, ganze Familien mit Kleinkindern und Säuglingen kampieren auf Decken und Planen, die sie auf dem Fußboden ausbreiten. Manche hocken auch nur auf ihren Gepäckstücken. Dagegen kommt mir unsere kleine Kabine wie der pure Luxus vor.


Manche Passagiere reisen in Begleitung ihrer Hühner ;)

In den Stunden zwischen den Stopps ist Zeit für Müßiggang. Wir setzen uns auf das oberste Deck, dort ist es am ruhigsten und man hat die beste Aussicht. Im Gang vor der Kapitänsbrücke ist es schattig und windgeschützt. Die Liemba tuckert brav vor sich hin, die zunehmend bergige Küste zieht langsam an uns vorbei. Ab und zu sieht man klitzekleine Ansiedlungen, einzelne Häuschen, einsame Strände, Palmengrüppchen, manchmal aber auch vegetationsarme, nackte Felsen und Hügel. Wieder kommt etwas Kreuzfahrtfeeling auf.


Kleine Siedlungen…


und einsame Küsten


Nach jedem Stopp ist das Schiff voller


Sonnenuntergang über dem Kongo



Abends bekommt man im Bordrestaurant Reis mit Chicken, Fish, oder Beef und dazu ein paar kalte Bier, wenn man mag. Zu den Essenszeiten ist immer viel los und man tut gut daran, rechtzeitig da zu sein, wenn man Wert auf eine warme Mahlzeit legt.

Am Nachmittag des zweiten Tages geschieht Unerwartetes. Wir dösen gerade ganz entspannt auf dem Brückendeck vor uns hin, da kommen plötzlich drei Frauen auf das Deck gestiegen. Die mittlere, sie wird von den zwei anderen seitlich gestützt, hat ihr Gesicht schmerzlich verzerrt. Die Frauen sprechen beruhigend auf sie ein und führen sie in den hinteren Bereich wo sich Bänke und die zwei VIP-Kabinen befinden, die aber nicht belegt sind. Ein Schiffsoffizier bittet uns das Deck zu verlassen. Der Zugang wird mit einer Kette abgesperrt.

Wir setzten uns ein Weilchen ins Restaurant. Das ist außerhalb der Essenszeiten ein ganz angenehmer Aufenthaltsort. An einem der Tische sitzend kann man durch die offenstehenden Fenster die langsam vorbeiziehende tansanische Küste betrachten, oder, auf der anderen Seite, den Blick über den scheinbar endlosen Tanganjikasee in Richtung Kongo schweifen lassen.

Eine Stunde später kommt der Schiffsoffizier zurück, um mit seinem breitesten und strahlendsten Lächeln zu verkünden:

„A Baby was born“.

Eine hochschwangere Passagierin aus der 3. Klasse hatte es nicht mehr rechtzeitig bis Kigoma geschafft, um ihr Baby dort zu bekommen. Wir fragen uns, was wohl in der Geburtsurkunde als Geburtsort stehen wird? Liemba? Oder Tanganjikasee?

Normalerweise, oder besser gesagt fahrplanmäßig, verbringt man zwei Nächte und knapp drei Tage auf der Liemba, wenn man die ganze Strecke fährt. Hat sie aber Verspätung und schafft es nicht am dritten Tag rechtzeitig in Kigoma zu sein, dann muss das Schiff bis zum nächsten Morgen warten, denn der Hafen schließt um 18 Uhr.

Am Abend des zweiten Tages geht das Gerücht um, dass wir es aufgrund von Verspätung wahrscheinlich nicht schaffen werden, rechtzeitig in Kigoma zu sein. Mir ist das ganz recht, ich habe nichts dagegen eine dritte Nacht auf der Liemba zu verbringen. Die Passagiere der 3. Klasse sehen das vermutlich weniger entspannt.

Auch in der Nacht hält die Liemba ein oder zweimal und nimmt Passagiere und Waren auf. Am Morgen des dritten Tages ist das Schiff so voll, dass man aufpassen muss, nicht auf schlafende und am Boden kampierende Menschen zu treten.

Dunkle Wolken bedecken die bergige Küste. Das Wasser ist grau und unruhig, die kleinen Boote und Barkassen tanzen gefährlich auf und ab wenn sie sich der Bordwand der Liemba nähern.



Und da die Liemba es tatsächlich nicht schafft, vor 18 Uhr Kigoma anzulaufen, verbringen wir eine dritte Nacht auf dem Schiff. Wir ankern in der Nähe der Küste, wo wir warten müssen, bis der Hafen am nächsten Morgen wieder öffnet.

Wir treffen uns zu einem letzten gemeinsamen Abendessen in der Kantine. Morgen wird wieder jeder seine eigenen Wege gehen. Die 77-jährige Lady plant mit dem Bus nach Uganda weiterzureisen, der Franzose möchte im Gombe Stream National Park Schimpansen besuchen, die Volontäre steuern die Rusumo Wasserfällen im Grenzgebiet zu Ruanda an, und wir, nun so genau wissen wir das noch nicht, lediglich die grobe Richtung steht fest: Ruanda.

vom: 23.06.2014 11:44 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Ich habe am Wochenende ein 18-minütiges Video über unsere Reise mit der Liemba geschnitten.
Viel Spaß beim anschauen.

vom: 05.07.2014 15:02 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

In Kigoma

Früh morgens legt die Liemba im Hafen von Kigoma an. Der Himmel ist grau und diesig. Es herrscht dichtes Gedränge auf dem Vorderdeck, im Moment ist da kein Durchkommen. Die ersten mit Körben und Säcken beladenen Passagiere verlassen das Schiff. Wir warten noch ein Weilchen bis sich die Lage etwas entspannt hat, dann wird es auch für uns Zeit, der Liemba Adieu zu sagen. Irgendwo im Gedränge vor uns sehe ich noch einmal kurz die alte Lady, die sich mit ihrem großen Koffer Richtung Ausgang bewegt, verliere sie aber schnell aus den Augen, als wir selbst ins Geschiebe und Geschubse eintauchen.

Bevor wir die Hafengebäude verlassen drfen, müssen wir nochmal durch eine Pass- und Gepäckkontrolle. Die verläuft sehr oberflächlich, ich habe den Eindruck, dass die Immigration Officers zu dieser frühen Stunde dem Ansturm der Liemba Passagiere noch nicht in vollem Umfang gewachsen sind.

Der morastige Parkplatz vor dem Hafengebäude ist dermaßen mit Fahrzeugen zugeparkt, dass es eine Weile dauert, bis unser Taxi einen Weg nach draußen findet. Ich nenne dem Fahrer als Ziel das Jakobsen Beach and Guesthouse, eine Empfehlung aus einem Internetforum. Man kann dort entweder campen oder Zimmer/Bungalows mieten. ‚Beach‘ hört sich nach Strandurlaub an und wir haben den Plan, dort einen oder zwei Tage am Strand zu relaxen. Als wir ankommen ist das Wetter aber so trübe und regnerisch und der Ort auch zu weit vom Zentrum entfernt, sodass wir beschließen zurückzufahren und zu einem stadtnäheren Hotel zu gehen.


Kigoma

Wir mieten uns in die Aqua Lodge (20000 TZS) ein. Das Gebäude liegt direkt am See und ist vom Stadtzentrum nur 15 Minuten zu Fuß entfernt. Die Zimmer haben eine vergitterte Veranda und man kann von dort, an einem wackligen Holztisch sitzend, auf den Tanganjikasee schauen. Der kleine Strand vor dem Hotel ist leider etwas vermüllt und lädt nicht zum längeren Verweilen ein.


Kleiner Strand vor der Aqua Lodge

Später gehen wir ins Zentrum, ziehen erst mal dicke Bündel tansanische Schilling aus einem ATM, essen in einem kleinen Restaurant Chicken mit Ugali, schreiben ein paar Emails in einem Cyber und überlegen dann, wie es weitergehen soll. Da Strandtage wegen des trüben Wetters wenig reizvoll erscheinen, gibt es nicht viel was uns in Kigoma hält. Ich blättere im Lonely Planet und sage dann zu meiner Freundin:

„Lass uns einen Bus nach Mwanza suchen“.

Mwanza liegt ungefähr 600 km nordöstlich vom Kigoma am Victoriasee.

Es ist nicht einfach Infos über die Busverbindungen zu bekommen. Der Lonely Planet ist hier ziemlich ungenau und die Infos sind veraltet. Die Leute die wir fragen wissen nichts oder geben nur unbestimmte Auskünfte. Der Busbahnhof (Ujenzi Bus Station) für die Fernbusse liegt einige Kilometer außerhalb Kigomas, die Fahrkarten werden aber in den Büros der Busgesellschaften im Stadtviertel Mwanga verkauft und das befinden sich wieder woanders.

Wir schnappen uns zwei Boda Boda (oder Piki Piki) und lassen uns zu den Büros der Busgesellschaften bringen. Nach einigem herumfragen finden wir das richtige Büro und schaffen es zwei Tickets nach Mwanza für den nächsten Tag zu reservieren. Der Bus fährt um 5 Uhr 30 in der Frühe. Es sind gerade noch zwei Plätze in der letzten Sitzreihe frei. Das sind die schlechtesten Plätze im Bus, vor allem bei Fahrten über Schlaglochpisten. Aber wir haben keine Wahl, wenn wir morgen weiterfahren wollen.


Die Zeiten sind in Swahili Uhrzeit angegeben. 11 Uhr entspricht 5 Uhr in unserem Zeitsystem

Zurück im Zentrum suchen wir einen Taxifahrer, der bereit ist uns morgen früh um 4 Uhr 30 an der Aqua Lode abzuholen und zur Busstation zu fahren. Da die Lodge etwas außerhalb des Zentrums liegt, könnte es schwierig werden um diese unchristliche Zeit ein Taxi zu bekommen.

Den Abend verbringen wir mit Wäsche waschen und packen, und später sitzen wir auf der Veranda und blicken im verblassenden Tageslicht ein letztes mal auf den Tanganjikasee.

Kigoma - Mwanza

Pünktlich um 4 Uhr 30 am nächsten Morgen hupt das Taxi vor der Lodge. Es ist stockdunkel und es gießt in Strömen. In der Lodge brennt nirgends Licht, außer dem unter einer Plastikplane kauernden Wächter vor dem Tor ist niemand zu sehen. Ich lasse den Zimmerschlüssel in der Tür stecken, als wir das Hotel verlassen.

Obwohl es nur ein paar Meter über den Hof bis zum Taxi sind, werden wir tropfnass. Es regnet so stark, dass der Taxifahrer nur im Schritttempo fahren kann. Die Straße hat sich in einen braunen, schäumenden Sturzbach verwandelt.

Das weitläufige, umzäunte Gelände des Busbahnhofs wirkt gespenstisch verlassen, als wir kurz vor 5 Uhr dort ankommen. Es ist nur spärlich beleuchtet und abgesehen von ein paar zweifelhaften Gestalten, die im Halbdunkel herumlungern, menschenleer. Die Größe des Busterminals steht in merkwürdigem Kontrast zu seiner Leere. Hier hätten locker dutzende oder sogar hunderte Fahrzeuge Platz, ich sehe aber lediglich zwei einsame Busse in einer dunklen Ecke stehen. Keiner trägt die Aufschrift unserer Gesellschaft.

Wir stellen uns auf einem der überdachten und trübe beleuchteten Bussteige unter und warten. Der Regen hat zum Glück etwas nachgelassen. Nach und nach trudeln ein paar weitere Menschen ein, worüber ich ganz froh bin, denn so richtig wohl fühle ich mich auf einem schummrigen, einsamen, nächtlichen, afrikanischen Busbahnhof dann doch nicht.

Es ist schon gegen 6 Uhr als zwei riesige Reisebusse auftauchen, einer davon ist unser Bus nach Mwanza. Beim Einsteigen fordert mich der Busfahrer auf, mein Gepäck in den Gepäckraum des Busses zu verstauen, was ich aber strikt verweigere. In tansanischen Bussen bekommt man nie eine Quittung für sein Gepäck und bei den Stopps werden einfach die seitlichen Klappen geöffnet und jeder nimmt sich seine Sachen selbst raus. Es gibt keinerlei Kontrolle.

Die Fahrt dauert 13 Stunden. Ein großer Teil der Strecke ist ungeteerte Piste. Durch den starken Regen hat sich die Straßenoberfläche in einen zähen, roten Schlammbelag verwandelt. Wir kommen mehrmals an Fahrzeugen vorbei, die im Matsch steckengeblieben sind. Einmal ist es ein Reisebus und wir müssen warten, bis er freigeschaufelt ist, bevor es weitergeht.

Unsere Reise führt durch dünn besiedeltes Busch- und Waldland. Die kleinen Ansiedlungen mit den strohgedeckten Häusern wirken sehr weltabgeschieden. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich in dieser Region in den letzten paar hundert Jahren nicht viel verändert hat. Die Häuser bestehen entweder aus ungebrannten Lehmziegeln oder es sind mit Lehm verputzte Holzkonstruktionen. Bei kurzen Stopps werden gegrillte Maiskolben, Kekse und Softdrinks in Plastikbeuteln verkauft.

Später, als die Sonne den Schlamm in eine harte Kruste verwandelt hat, bekommen wir Hinterbänkler die Schlaglöcher mit voller Wucht zu spüren. Ich muss ständig auf der Hut sein nicht mit dem Kopf an die Decke zu knallen.

Nach und nach füllt sich der Mittelgang im Bus mit Menschen und Gepäckstücken. Da ich in der Mitte der Rückbank sitze, habe ich keinen Sitz direkt vor mir. Anfangs ist das ganz angenehm, ich kann meine Beine in den Gang ausstrecken. Mit zunehmender Personendichte verschwindet der letzte Freiraum und irgendwann lässt sich eine dicke Marktfrau auf meinen Füßen nieder, die zudem ständig einschläft und dabei ihr gesamtes Körpergewicht auf mich verlagert.

Gott sei Dank ist die Schotterpiste auch mal zu Ende und das letzte Stück fahren wir auf einer schönen geteerten Straße. Was für eine Erholung.

Die Landschaft wird zunehmend von beeindruckenden und bizarren Felsformationen geprägt, die aussehen, als hätte jemand vor Urzeiten achtlos Felsbrocken ausgestreut. Auch im Wasser tummeln sich diese seltsamen, runden Felsen. Mir fällt ein, rgendwo einmal gelesen zu haben, dass Mwanza den Spitznamen ‚Stone City‘ träg.


Felsformationen am Lake Victoria nahe Mwanza


Kurz vor Mwanza werden Bus und Menschen auf eine Fähre verladen.

Mwanza

Am Busbahnhof der übliche wilde Trubel. Kaum sind wir ausgestiegen, fallen Taxifahrer über uns Reisende her, reden auf uns ein, versuchen uns das Gepäck aus den Händen zu nehmen und uns zu ihren Fahrzeugen zu bugsieren.

Wir lassen uns zu einem Hotel im Zentrum bringen. Es nennt sich Lenox Hotel und ist recht neu. Trotzdem ist in dem Zimmer irgendwie alles kaputt. Die Fließen sind gesprungen, die Steckdosen hängen traurig aus der Wand, Wasserhähne und Toiletten sind undicht, das Waschbecken wackelt bedenklich und aus der Dusche kommt auch nicht viel. Aber es ist einigermaßen sauber und nach der langen Busfahrt haben wir keine Lust nach Alternativen zu suchen. Die zweite Nacht verbringen ein paar Meter weiter in der empfehlenswerten MC Lodge (früher Christmas Tree Hotel). Für 20000 TZS DZ inkl. Frühstück ein gutes Angebot.


Die Bismarck Rocks - Wahrzeichen von Mwanza



Am Vormittag des nächsten Tages spazieren wir ein bisschen in Mwanza herum. Mwanza ist eine geschäftige Stadt ohne ausgeprägten Charme. Der Victoriasee ist braun und das Wasser wirkt schmutzig. Auch ohne Bilharziose Gefahr würde ich hier keinen Zeh ins Wasser tauchen wollen.

Viele Menschen wirken ungewohnt verschlossen. Ich bemerke verstohlene Blicke hinter unseren Rücken und habe den Eindruck, dass hin und wieder abfällig über uns geredet wird. Da weder ich noch meine Freundin verstehen was gesagt wird, bleibt es bei einem unguten Gefühl. Ich kann der Stadt nicht allzuviel abgewinnen.

Sehenswert ist auf jeden Fall die Umgebung Mwanzas, speziell ein Ort, der sich Jiwe Kuu nennt. Das heißt wohl so viel wie ‚Großer Stein‘. Und genau das gibt es dort zuhauf: Große Felsen und Steine. Es fahren Matatus (Dalla Dallas) nach Jiwe Kuu, aber heute leisten wir uns ein Taxi. Jiwe Kuu ist nicht weit von Mwanza entfernt.


Jiwe Kuu



Zwischen den Felsen wohnen Menschen in kleinen Häusern. Es gibt sogar ein Dörfchen mit einem Fischerhafen. Manche der Steinbrocken sehen aus, als benötigten sie nur einen kleinen Schubs um das Gleichgewicht zu verlieren und ins Tal zu purzeln. So ganz wohl wäre mir nicht in so einem Hüttchen direkt darunter zu wohnen.


Fischereihafen bei Jiwe Kuu am Victoria See


Jiwe Kuu


Jiwe Kuu


Auch in Jiwe Kuu ist der Mzungu die Attraktion ;)

Später zurück in Mwanza versuchen wir ein Busticket nach Kigali in Ruanda aufzutreiben. Laut Lonely Planet (Ausgabe 2012) sollen täglich vier Busse Mwanza mit Kigali verbinden. Vielleicht war das früher mal so, aktuell ist das eine klare Fehlinformation. Als wir nach diesen Verbindungen fragen, bekommen wir immer nur die Auskunft, dass es keinen Direktbus nach Kigali gibt.

Wir fragen in mehreren Büros verschiedener Busgesellschaften nach und gehen zum alten Busbahnhof im Zentrum der Stadt, wo es dutzende Ticketbüros gibt. Niemand hat von einem direkten Bus nach Kigali gehört. Nach und nach kristallisiert sich heraus, das wir nach Benako, einem Ort nahe der ruandischen Grenze, fahren müssen und von dort mit einem Dalla Dalla oder Taxi weiter bis zur Grenze. Auf ruandischer Seite müssen wir dann nach Transportmöglichkeiten Richtung Kigali suchen.


Der alte Busbahnhof in Mwanza

vom: 05.07.2014 15:04 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Mwanza – Kigali

Der Bus (Nyehunge Express, 20000 Tsh) Richtung Benako fährt am nächsten Morgen um 5 Uhr vom weit außerhalb gelegenen Busbahnhof Nyengezi ab, aber, so verrät uns der Ticketverkäufer, wir können auch in Mwanza zusteigen, da der Bus um 4 Uhr am Shinyanga Hotel vorbeikommt. Das Shinyanga Hotel ist gar nicht weit von unserem Hotel entfernt und die Option erscheint uns viel besser, als frühmorgens ein Taxi zu suchen und nach Nyengezi rauszufahren.

Also stehen wir in aller Frühe um 3 Uhr auf, tappen durch dunkle Hotelflure zum Ausgang, wo wir den Nachtwächter wecken müssen, damit er uns die Tür aufschließt. Mwanza schläft um diese Zeit tief und fest. Auf den spärlich beleuchteten Straßen sind nur vereinzelt Wächter zu sehen, die schläfrig vor den Gebäuden sitzen, die sie bewachen sollen.

Das Shinyanga Hotel macht einen schäbigen, heruntergekommenen Eindruck. Auf den Treppenstufen im Eingangsbereich sitzen ein paar dunkle Gestalten, die uns ausdruckslos anstarren, als wir uns dazugesellen. Man kann von hier in das schmuddelige Innere des Hotels schauen. Während wir warten öffnet sich eine Zimmertür und eine nuttig aussehende Afrikanerin stöckelt mit lautem tack tack tack an uns vorbei und verschwindet im Dunkel der Straße. Alle schauen ihr hinterher, keines sagt etwas.

Um 5 Uhr kommt endlich der Bus. Er fährt direkt zur Fähre am Hafen, wo weitere Leute warten und zusteigen. Es ist schon gegen 6 Uhr als wir mit der Fähre übersetzen und die Fahrt nach Benako beginnen kann. Hätten wir gewusst wie das abläuft, hätten wir gut bis 5 Uhr schlafen und dann direkt am Hafen zusteigen können. Das nächste Mal wissen wir es. ;) Als kleinen Trost gibt es auf der Fähre heißen Tee und frische Mandazis zum Frühstück.

Die Busfahrt selbst ist mal wieder eine Tortur der Extraklasse. Der große Reisebus wird unterwegs dermaßen mit Menschen und Gepäck vollgestopft, dass selbst diejenigen, die Sitzplätze haben total eingequetscht werden. Bis an die Schmerzgrenze aufgedrehte Lautsprecher quälen uns mit tansanischer Popmusik. Da ich mich wieder mal weigere, meinen großen Packsack im Gepäckraum zu verstauen, muss ich ihn vorne neben den Fahrer auf die Abdeckung des Motors legen. Erst beim Aussteigen bemerke ich, dass mein Gepäck durch die Hitze des Motors sehr heiß geworden ist.


Kirche in Westen von Tansania

Plötzlich sind wir in einem Ort namens Ngara und der liegt schon ein ganzes Stück hinter Benaco. Ngara ist ein kleiner Marktflecken zu dem sich wohl nur selten Reisende verirren. Wir schnappen unser Gepäck und steigen aus. Der Busfahrer behauptet zwar, er habe Benaco mehrmals angesagt, aber bei der überlauten Musik und dem Gedrängel im Bus haben wir das überhaupt nicht mitbekommen.

Draußen werden wir sofort von einer Gruppe junger Männer umringt, die alle gleichzeitig auf uns einreden. Ich verstehe kein Wort und sie sprechen kein Englisch. Zum Glück sprechen sie etwas Swahili und meine Freundin kann übersetzen. Einer der Männer besitzt ein Auto und würde uns für 30000 TSH zur Grenze fahren. Zufälligerweise habe ich noch genau 30000 TSH in der Tasche, unser letztes tansanisches Geld. Wir steigen ins Taxi und fahren Richtung Ruanda.

Die Landschaftlich ist grün, hügelig und wunderschön. Flüsse kreuzen unseren Weg, einmal müssen wir auf einer kleinen Fähre übersetzen. Wieder so eine Gegend, wo man durchaus ein oder zwei Tage länger bleiben könnte.

An der tansanischen Grenzstation bezahle ich den Fahrer. Gleich werden wir von Geldwechsler umringt und ich tausche, trotz des schlechten Kurses, ein paar USD in ruandische Franc.

Wir checken aus Tansania aus und müssen zu Fuß zum ruandischen Grenzposten laufen. Das ist ein längerer Marsch und mit Gepäck schweißtreibend. Während die Sonne vom Himmel knallt, folgen wir einer breiten Straße, die zum Teil noch im Bau ist, überqueren eine Brücke über einen reißenden Fluss und stehen schließlich vor den Immigration Häuschen der Ruander.


Grenzfluß Tansania – Ruanda

Deutsche Touristen brauchen für Aufenthalte bis 90 Tage in Ruanda kein Visum. Es reicht ein Kärtchen an der Grenze auszufüllen und schwupps hat man den Stempel im Pass.

„Welcome to Ruanda“ sagt der Grenzbeamte und grinst mich freundlich an.

Auch sonst hat Ruanda ein paar Alleinstellungsmerkmale im (ost-)afrikanischen Vergleich. Die Einfuhr von Plastikverpackungen und –tüten ist verboten. Von allen Ländern Afrikas die ich bis jetzt bereist habe, ist Ruanda mit Abstand das sauberste. Das fällt mir auf, als wir kurze Zeit später in einem Kleinbus Richtung Kigali fahren. Keine Müllhalden säumen die Straßen, keine achtlos aus Fahrzeugen geworfenen Plastikflaschen verschandeln die Landschaft.

Die Straßen sind in hervorragendem Zustand, ebenso die meisten Fahrzeuge, die nie überfüllt sind. Trotz, oder vielleicht wegen seiner schrecklichen Vergangenheit, ist Ruanda heute so etwas wie ein afrikanisches Musterland.

Ungeachtet der vielen positiven Eindrücke die ich auf der Fahrt von der Grenze nach Kigali habe, wäre unsere Reise beinahe zu einem vorzeitigen Ende gekommen. Der Fahrer drischt den Kleinbus durch die Kurven der gut ausgebauten Straßen, überholt rücksichtslos alles was langsamer ist und hält dabei ständig sein Handy ans Ohr. Plötzlich taucht während eines Überholvorganges in einer völlig unübersichtlichen Kurve ein LKW auf und rast frontal auf uns zu. Mir bleibt fast das Herz stehen. Zum Glück machen beide Fahrer das richtige und es gelingt ihnen im wirklich allerletzten Moment aneinander vorbeizukommen. Eine minimale Verzögerung in der Reaktion von Mensch oder Technik hätte unweigerlich zur Katastrophe geführt.

Ich schau mich im Bus um und das erstaunlich ist, niemand sagt etwas, niemand schreit den Busfahrer an, zieht ihn für seine Fahrweise zur Verantwortung.

Als wir Kigali erreichen, ist es längst dunkel. Wir fahren auf breiten Straßen durch endlose Vororte. Es geht Hügel hoch und Hügel wieder runter, dabei wird der Verkehr immer dichter. Ich habe keinerlei Orientierung oder ein Gefühl dafür, ob wir uns dem Zentrum nähern. Immer mehr Fahrgäste steigen aus, zuletzt sind außer dem Fahrer und seinem Beifahrer nur noch wir zwei im Bus. Schließlich kommt der Verkehr gänzlich zum Erliegen, die Straßen sind hoffnungslos verstopft.

Ich versuche zu fragen, wo wir denn sind, ob das hier das Stadtzentrum ist, aber niemand spricht Englisch und auch meine Freundin kommt mit Swahili nicht weiter. Der Busfahrer gibt uns per Handzeichen zu verstehen, dass dir Fahrt zu Ende ist.

Also steigen wir aus, und stehen nachts, mitten im völlig unbekannten Kigali, ohne Orientierung umgeben von einer hupenden und stinkenden Blechlawine. Ein Mann spricht mich an und sagt, er sei Taxifahrer und könne uns zu einem Hotel bringen. Aber irgendwie sieht er nicht sehr vertrauenswürdig aus und außerdem sehe ich nicht, wie er mit dem PKW durch das Verkehrschaos kommen will.

Wir winken zwei Motorradtaxis heran. Das scheint mir die beste Option zu sein. Wir lassen uns zum Dream Apple Hotel bringen, eine Empfehlung aus dem Uganda/Ruanda Reiseführer von Reise Know-How.

Es ist eine dieser Fahrten, die man nicht so schnell vergisst. Mit meinem nicht ganz leichten Rucksack hinten auf dem wackligen Moped sitzend, komme ich mir vor, wie in einem dieser Computerrennspiele, wo man mit Affenzahn um irgendwelche Hindernisse herum rast, sich stark abbremsend in eine Lücke einfädelt um gleich darauf wieder maximal zu beschleunigen. Ich habe zwar einen Helm auf, der rutsch aber, den Beschleunigungs- bzw. Verzögerungskräften folgend, mal nach vorne, mal nach hinten. Die Umgebung nehme ich nur schemenhaft wahr, Fahrzeuge, Menschen, Straßenlaternen, beleuchtete Geschäfte flitzen vorbei. Ich beginne schon Stoßgebete gen Himmel zu schicken, als der Motorradfahrer endlich anhält.

Das Dream Apple Hotel (ehemals Dream Inn Motel) macht einen etwas vernachlässigten Eindruck. Das Zimmer ist mit Küche, TV und Bad ausgestattet, wirkt aber wenig gemütlich und auch nicht übermäßig sauber. Der Besitzer, ein Inder, möchte 50 USD haben, ich biete 30 USD und wir einigen uns auf 40 USD, was immer noch zu viel ist.

Dem Hotel angeschlossen ist ein Restaurant mit indischen Speisen. Ich freue mich auf ein Chicken Biryani, aber das ist ziemlich enttäuschend und trotz gutem Appetit lassen wir die Hälfte zurückgehen.


Kigali - Stadt auf vielen Hügeln


Motorradtaxis erkennt man in Kigali an den grünen Westen

Nach einem ebenfalls erbärmlichen Hotelfrühstück beschließen wir am nächsten Morgen spontan nicht länger in Kigali zu bleiben.

Kigali - Karongi (Kibuye) – Lake Kivu


Vor dem Hotel schnappen wir uns wieder zwei Mototaxis und lassen uns zum Busbahnhof bringen. Am Tag und mit weniger Verkehr ist die Fahrt deutlich weniger chaotisch als letzte Nacht. Der Busbahnhof ist sauber und ordentlich, die Busse haben feste Abfahrtszeiten und jeder bekommt einen Sitzplatz. Fast habe ich das schon erwartet. ;) Unser Tagesziel ist Karongi (Kibuye) am Lake Kivu.

Meine Freundin beschreibt die Fahrt in ihrem Reisetagebuch so:

“At the bus station we boarded a minibus to Karongi. On the way to Karongi, the landscape is very beautiful. We came to learn that Rwanda in general is very clean and has a very breathtaking landscape. They do not have heaps of rubbish lying on the road sides or outside homes. Plastic bags are not allowed in Rwanda. Kigali is the most clean of all the African cities I have ever been.

We boarded the same minibus with a young gay couple. They came right after us. There were no two seats available that were next to each other in the minibus, so the two love birds had to sit on separate seats. The African guy sat in front with the driver and the white boy behind us. When it came a point where two passengers who were seated in front of us alighted, the two gay got a chance to sit together. They were looking at each other so lovingly and were not scared to put hands around each other.

We came to Karongi after two hours. At the bus station, we took two motorcycles which took us to the hotel known as Home St. Jean.”



Das Home St. Jean liegt ein bisschen außerhalb von Karongi, auf einer Bergkuppe über dem See. Hat uns Ruanda bis jetzt schon mit landschaftlicher Schönheit erfreut, so ist das Panorama das man von hier über den Kivu See hat, der absolute Hammer. Von mehreren Terrassen aus blickt man nach drei Seiten auf grünschillerndes Wasser, tiefeingeschnittene Buchten und steil aufragende Berg- und Hügelketten. Von der unteren Terrasse führt ein schmaler, steiler Fußweg durch einen schönen Garten zum Seeufer. Wer keine Angst vor Bilharziose hat, kann ins Wasser springen.


Lake Kivu – vielleicht der schönste See Ostafrikas


Lake Kivu - Home St. Jean

Nicht nur die Lage macht das Home St. Jean zu einem Volltreffer, auch das Hotel selbst ist absolut empfehlenswert. Die Zimmer (10000 und 15000 Francs) sind einfach, aber blitzsauber und alles funktioniert. Der perfekte Ort um ein paar Tage abzuhängen, und genau das können wir jetzt gebrauchen.


Sonnenaufgang über Lake Kivu

vom: 27.08.2014 20:27 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Kibuye – Gisenyi – Ruhengeri (Musanze)

Am 9. Dezember 2013 machen wir uns früh auf den Weg nach Ruhengeri, einem Städtchen zu Füßen der Virunga Vulkane im nordwestlichen Ruanda. Es ist ein klarer, kühler Morgen. Die tiefstehende Sonne färbt die Wölkchen über dem Lake Kivu zartrosa, als wir kurz nach 7 Uhr das Home-Saint-Jean verlassen.


Abschied vom Lake Kivu - Ruanda

Einmal täglich um 8 Uhr soll es eine Verbindung von Kibuye nach Gisenyi geben. Der Bus beginnt seine Fahrt an einer kleinen Tankstelle an der Hauptstraße. Als wir dort ankommen wirkt der Platz verlassen. Lediglich eine schläfrig wirkende Frau fegt gemächlich den Müll und den Straßenstaub von einer Seite zur anderen. Wir fragen sie nach dem Gisenyi Bus, aber die Verständigung ist nicht einfach. Es kommt auch in Ruanda öfters vor, dass die Leute weder Englisch noch Swahili sprechen - und wir sprechen bloß ein paar Brocken Französisch. Immerhin verstehen wir so viel, dass der Bus noch irgendwo repariert wird und etwas später kommen soll.

Nach und nach treffen weitere Reisende mit ihrem Gepäck ein. Das lässt mich hoffen, dass der Bus noch kommen wird. Eine ältere Frau bietet kleine Bananen zum Kauf an. Als wir ein Bündel kaufen, lacht sie uns zahnlos freundlich an. Die Bananen sind süß und lecker und ersetzen glatt ein komplettes Frühstück.

Gegen 10 Uhr ist immer noch kein Bus in Sicht. Ich verspüre wenig Lust endlos an dieser Tankstelle herumzusitzen und auf einen Bus zu warten, der vielleicht gar nicht kommt. Wir überlegen, ob es nicht besser wäre, einen weiteren Tag am Lake Kivu zu verbringen. Auch die anderen Reisenden werden allmählich ungeduldig. Eine Frau, die öfters auf dieser Strecke unterwegs ist, hat die Nummer des Fahrers in ihrem Handy gespeichert und ruft ihn schließlich an.

„The Bus is coming soon“ sagt sie zu uns, als wir sie fragend anblicken.


Der Gisenyi-Bus ...


... ist nicht mehr der neuste ;)

Kurz darauf tauchen tatsächlich zwei verbeulte und ziemlich verschlissene Busse der Onatracom-Gesellschaft auf. Einer der beiden fährt nach Gisenyi. Erleichtert steigen wir ein und da wir die ersten sind, bekommen wir die Plätze ganz vorne neben dem Fahrer.


Ohne Telefon funktioniert kein Bus in Ruanda


Irgendwo zwischen Kibuye und Gysenyi

Die fünfstündige Fahrt entlang des Lake Kivu führt durch eine der landschaftlich schönsten Gegenden dieser Reise. Die Erdstraße schlängelt sich bergauf und bergab durch lichte Pinien- und Eukalyptuswälder und über sonnige, grüne Bergrücken. Rechts und links der Straße bestimmen ausgedehnte Tee- und Kaffeeplantagen das Landschaftsbild. Und als wäre das noch nicht genug, dürfen wir uns immer wieder über die phantastischen Ausblicke auf den von steilen terrassierten Hügeln umgebenen Kivusee freuen. Man könnte alle paar Kilometer ein postkartenreifes Foto schießen, wenn, tja wenn der Bus mal anhalten würde…


Wackelvideo ;) 5 Stunden für 100 km

Die Strecke ist auch ein Teil des Congo-Nile-Trails, der sich über ca. 230 Kilometer entlang des Kivu-Sees von der Stadt Cyangugu im Süden bis nach Gisenyi im Norden erstreckt. Man kann den Trail zu Fuße erwandern, oder mit dem Mountainbike, oder einem geländetauglichen PKW befahren. Wenn ich das nächste Mal nach Ruanda komme, wird der Trail ganz oben auf meiner To-Do-Liste stehen, entweder zu Fuß, oder mit dem Mountainbike.

Zitat
The Congo Nile Trail is an exciting ten day hiking experience, which covers a wide range of fascinating attractions on Lake Kivu shores, with a distance of 227 Kilometers stretching from Rubavu to Rusizi via Karongi and Nyamasheke districts.
The trail offers among other attractions the best coffee and tea experiences, with sceneries beautiful beyond imagination
The Congo Nile trail includes eight amazing base camps, two extra ordinary paths and four bonus diverse sub trails, which are all, added value that make up this breath taking hiking experience a life time one.
The 10 days hiking trail can be also covered in 5 days cycling and 3 days 4x4 Driving

The Congo Nile Trail



Die fünfstündige Fahrt nach Gisenyi …


… ist landschaftlich eine der schönsten Strecken, die wir auf dieser Reise zurücklegen.

In Gisenyi halten wir uns nicht lange auf sondern steigen in den nächsten Bus nach Ruhengeri (Musanze). Die Fahrt dauert noch einmal eineinhalb Stunden, jetzt aber flott auf geteerter Straße. Zum ersten Mal sehen wir kurz die Silhouette der Virunga Vulkane im Nachmittagsdunst auftauchen.

Der Virunga sowie der Volcanoes Nationalpark sind Heimat der Berggorillas und letzterer ist ehemalige Wirkungsstätte der Zoologin Dian Fossey, die in den siebziger Jahren für das Überleben der Gorillas kämpfte und schließlich dort ermordet wurde.


Virunga Vulkane

Ruhengeri (Musanze) – Twin Lakes

Ruhengeri, welches auch Musanze genannt wird, ist ein überschaubares Städtchen im Dreiländereck Ruanda, Uganda und Kongo. Touristisch ist es als Ausgangspunkt zum Volcanoes Nationalpark und zu den Virunga-Vulkanen von Bedeutung, zu deren Füße Ruhengeri liegt. Bei unserer Ankunft verstecken die sich allerdings wieder hinter dicken Wolken.

Gleich nachdem wir den Busbahnhof verlassen haben und noch ein wenig orientierungslos durch die Straßen laufen, spricht uns ein Guide an, der Ausflüge in den Nationalpark und zu den Gorillas vermitteln möchte. Ich frage den Guide nach einem preiswerten Hotel woraufhin er uns zum Tourist Rest House bringt, einer einfachen Lodge nur ein paar hundert Meter vom Busbahnhof entfernt.

Zitat
The good news is that the Tourist Rest House doesn’t charge much. The bad news is that they believe guests should get what they pay for. The rooms here are small, a little grimy and the concrete walls have that aged patina that suggests dampness. The bathrooms do have hot water but the light bulbs were so dim they appeared to be powered by little more than wishful thinking. (Lonely Planet review) ;)



Tourist Rest House in Ruhengeri

Da mir das Gorilla Tracking zu teuer ist, ein kurzer Besuch soll 1500 USD für zwei Personen kosten, verabschiede ich den Guide. Wir beschließen stattdessen für den morgigen Tag zu den nahe gelegenen Twin-Lakes zu fahren, die laut Reiseführer einen Besuch wert sein sollen.

Lake Ruhondo

Die Twin Lakes liegen etwa auf halbem Weg zwischen Ruhengeri und der Grenze zu Uganda. Der Lake Ruhondo ist der kleinere und schönere der beiden Seen. Dass die Gegend touristisch eher schwach frequentiert ist, merken wir, als wir uns auf den Weg zum Lake Ruhondo machen.

Die Fahrt zum Lake Ruhondo (aus den Aufzeichnungen meiner Freundin):

We went back to the bus station from one booking office to the next asking for transportation to Lake Ruhondo. Surprisingly, not even one bus went to Lake Ruhondo. Luckily we found a guy in one of the booking offices who took us to a minibus which could take us to the direction we were heading to.

It was not easy getting information from the people we found standing near the minibuses. They spoke neither English nor Swahili. The guy from the booking office had a long discussion with them, then he finally told us that one of the minibuses was heading to Cyanika (a town bordering Rwanda and Uganda) but will drop us to the village where the Lake Ruhondo is. We thanked the guy and got inside the minibus.

We paid 600 Francs to the minibus conductor when we got to this village. To get to the lake Ruhondo we had to connect with two motorcycles through the village to reach the Lake Ruhondo, it was a distance away from the main road. The language barrier came to play once again. The motorcyclists could not speak English or Swahili. So Gu Ko had to write down the name of the lake and use sign language to ask how much they wanted. One of them wrote 3000 RWF per person going and 3000 RWF per person coming back. We said it was ok.

That was the worst motorcycle ride that I have ever had. The road was rough and we had to put on the heavy helmets. The motorcycle that Gu Ko was on, was leading the way followed by the one I was on. It was a very long ride. I never thought that we could come to the end of infuriating ride. Along the road we met women with firewood on their heads or huge buckets of water and some with children on their backs. They all turned and stared at us. Some called out “Mzunguuu!!! Mzunguuu!!!,” looking at Gu Ko with children pointing fingers.

We finally came to the lake Ruhondo. Some small canoes were at the shores and one big boat



Lake Ruhondo


Lake Ruhondo

Am Ufer liegen ein paar Boote und Kanus. Einer der Bootsleute deutet auf ein größeres Holzboot und gibt uns zu verstehen, dass wir mit seinem Boot eine Fahrt auf dem See machen können. Während wir mit dem Mann über den Preis verhandeln, was hauptsächlich per Zeichensprache funktioniert, versammeln sich nach und nach die Bewohner der kleinen Ansiedlung um uns und verfolgen mit neugierigen Blicken jede Bewegung die wir machen. Nach einer Weile komme ich mir vor wie ein Alien und auch meine Freundin meint später, sie hätte sich bei so viel ungeteilter Aufmerksamkeit komisch gefühlt.

Nachdem wir mit dem Bootsbesitzer über den Preis einig geworden sind, klettern wir in das Boot. Unsere Boda-Boda Fahrer und ein paar der Dorfbewohner nutzen die Gelegenheit für eine kleine gratis Bootsfahrt und kommen ebenfalls an Bord. Der Kahn ist ziemlich schwer als wir ablegen und der Ruderer kommt schon bald ins Schwitzen.

Während wir allmählich vom Ufer wegtreiben, blicke ich zurück auf die von kleinen Farmhäusern und Bananenplantagen gesäumten Ufer, auf weidende Kühe und weiße, dicht über die Wasseroberfläche gleitende Vögel, auf eine friedliche und weltabgeschieden wirkende Landschaft - und dann reißt plötzlich die Wolkendecke auf und gibt uns den Blick auf die spitzen Kegel der Virunga Vulkane frei. Ein tolles Panorama.

Wir lassen uns noch ein bisschen auf dem See herumpaddeln, unterhalten uns mit den Leuten und genießen die malerische Landschaft, bevor es wieder zurückgeht.


Lake Ruhondo


Lake Ruhondo


Lake Ruhondo

vom: 27.08.2014 20:35 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Nach Uganda

Am nächsten Morgen sitzen wir in einem Matatu Richtung Cyanika, der Grenzstadt zu Uganda. Die Fahrt dauert etwa eineinhalb Stunden. Unterwegs haben wir immer wieder schöne Ausblicke auf die Vulkane, die sich noch teilweise in Wolken und Nebel eingehüllt, im frühen Morgenlicht zeigen.


Plastiktüten sind in Ruanda unerwünscht

Cyanika ist ein kleines Kaff mit ein paar Geschäften und Wechselstuben. Auf den ungeteerten Seitenstraßen haben sich große, schlammige Pfützen gebildet, in denen, eher ungewöhnlich für Ruanda, Plastikflaschen und allerlei Müll schwimmt. Bei einem Moneychanger tausche ich unsere überzähligen Ruanda Francs in Uganda Schillinge, während meine Freundin in einem der Shops ein paar Süßigkeiten ersteht, um, wie sie sagt, den Tag besser überstehen zu können.


Cyanika


Cyanika-Kids


Ruanda-Uganda Border

Und wieder mal gehen wir zu Fuß über die Grenze. Auf ugandischer Seite müssen wir uns zuerst bei einem Polizeiposten präsentieren. Drei Uniformträger sitzen hinter einem wackeligen Schreibtisch. Der erste checkt unsere Pässe, der zweite fragt uns, wo wir herkommen, wo wir hinwollen, warum wir durch diese Gegend reisen, welche Berufe wir haben, in welcher Beziehung wir zueinander stehen und noch andere für ugandische Bürokraten wissenswerte Dinge.

Wir beantworten geduldig alle Fragen und nachdem der dritte die gewonnenen Informationen handschriftlich in eine Liste eingetragen hat, bekommen wir Zettelchen mit Nummern drauf, die wir zusammen mit unseren Pässen bei der Immigration in einem anderen Gebäude abgeben sollen. Dort wird mein Visum gegen eine Gebühr von 50 USD in den Pass geklebt, während meiner Freundin der Einreisestempel gratis eingestempelt wird. Die gesamten Grenzformalitäten sind in einer halben Stunde erledigt, alle sind sehr freundlich und relaxed und so heißt es schon bald: „Welcome to Uganda“.



Und dann stehen wir wieder an der Straße. Kein Bus oder Minibus ist zu sehen. Überhaupt scheint es, abgesehen von ein paar LKWs die einsam am Straßenrand stehen, keinen motorisierten Verkehr zu geben. Zu allem Überfluss fängt es wieder zu regnen an. Ein paar Motorradfahrer, die uns schon seit dem ruandischen Grenzposten beharrlich gefolgt sind, wollen uns nach Kisoro, der nächstgelegenen Stadt, fahren. Direkt von der Grenze gibt es keinen Bus, meinen sie.

Da es immer stärker regnet habe ich überhaupt keine Lust auf ein Motorrad zu steigen. Wir laufen ein Stück die Straße lang, während uns die Motorradfahrer beharrlich in der Hoffnung folgen, doch noch ein Business zu machen. Als ich genauso beharrlich ablehne, meint einer der Männer schließlich, er könne uns ein Taxi besorgen, das würde uns für 20000 UGX nach Kisoro fahren. Er eilt davon und kommt kurz darauf mit einem PKW wieder. Wir steigen ein, froh endlich von der Grenze weg zu kommen und froh im Trockenen zu sitzen.

In Kisoro vermittelt uns der Fahrer an ein Sammeltaxi weiter, das nach Kabale fährt (15000 UGX/Person). Dazu ruft er per Handy irgendwo an und kurze Zeit später kommt uns das Sammeltaxi entgegen. Als wir einsteigen sitzt lediglich eine Uganderin vorne auf dem Beifahrersitz. Wir machen es uns auf den Rücksitzen gemütlich und ich freue mich auf eine bequeme Fahrt.

Doch der Fahrer kreuzt noch eine Weile in Kisoro herum um weitere Fahrgäste aufzulesen. Schließlich sind wir acht Personen in dem PKW, fünf auf der Rückbank, drei auf den Vordersitzen. Trotzdem hält der Fahrer immer wieder an und versucht weitere Passagiere zu gewinnen. Glücklicherweise sind auch die Ugander der Ansicht, dass das Fahrzeug voll ist und als keiner mehr zusteigen will, geht’s endlich los Richtung Kabale. Unterwegs gibt es noch eine kleine Zwangspause, als einer der Reifen platzt. Der Schaden ist schnell behoben und wir erreichen leicht gequetscht, aber ansonsten wohlbehalten gegen 15 Uhr 30 Kabale.

Lake Bunyonyi

Zitat
„Der Bunyonyi-See liegt sieben Kilometer von der Stadt Kabale entfernt, im Distrikt Kabale im Südwesten Ugandas. Er ist 25 Kilometer lang, sieben Kilometer breit und bedeckt eine Fläche von 6100 Hektar. Der See liegt 1950 Meter über dem Meeresspiegel und ist von Hügeln umgeben, welche von 2200 bis 2478 Meter reichen und stark kultiviert sind.“ (aus Wikipedia)



Der Bunyonyi-See ist landschaftlich sehr schön gelegen. Das Wasser hat Badequalität und ist frei von Bilharziose und Krokodilen. Viele Reisende bezeichnen den See als ein „Must-See“ in Uganda. Im mittleren Teil befinden sich 29 Inseln und auf einer davon wollen wir zwei oder drei Tage kampieren.


Lake Bunyoni in Uganda

Das Byoona Amagara Project ist nach eigenen Angaben eine „Not-for-Profit Organization“ deren Einnahmen zu 100% in lokale Projekte der Bildung und Alphabetisierung, der ökologischen Landwirtschaft, der einheimischen Forstwirtschaft und der Förderung des Kulturaustausches fließen. Das Zentrum der Anlage bildet ein Restaurant auf einem Hügel mit schönem Blick auf den See. Über die Insel verteilt befinden sich Unterkünfte unterschiedlicher Preisklassen. Man kann Geodoms, Cabins oder Cottages mieten. Für Backpacker und Low Budget Traveller gibt es Dormitories und Gelände zum kampieren.

Byoona Amagara Project

Bevor wir uns Richtung See aufmachen, brauchen wir ugandisches Geld und etwas zu essen. Seit wir heute Morgen Ruanda verlassen haben, gab es lediglich ein paar süße Kekse zu knabbern. Meine Freundin kommt damit ganz gut klar, ich als verwöhnter Mitteleuropäer brauche mindestens einmal am Tag etwas Anständiges zu beißen. Ein Geldautomat an der Hauptstraße spuckt brav ugandische Schillinge aus und ein paar Meter weiter finden wir ein Restaurant in dem wir uns erst mal zum lunchen niederlassen.

Ich frage einen der Restaurantangestellten wie wir am besten zum Lake Bunyonyi kommen. Das ist kein Problem, der Mann besorgt uns ein Taxi, welches uns die sieben Kilometer zum Seeufer fährt. Dort finden wir ein kleines Büro des Byoona Amagara Projects. Man muss sich in dem Büro anmelden und kann dann mit einem Boot zur Insel übersetzen. Wahlweise mit einem Kanu (kostenlos), oder, wenn es schneller gehen soll, mit einem Motorboot (7 USD/Person).

Mit einem Einbaum den Lake Bunyonyi befahren, das hört sich romantisch an und macht sicher auch mehr Spaß. Wir bekommen Paddel in die Hände gedrückt und schon bald gleitet das Kanu fast geräuschlos über die glatte Wasseroberfläche.

Hinten im Kanu sitzt der Bootsmann, der die Richtung angibt und die meiste Paddelarbeit verrichtet, in der Mitte meine Freundin und vorne ich. Für uns, das merken wir bald, ist die ungewohnte Paddelei ganz schön anstrengend. Ich muss immer wieder kurze Päuschen einlegen, während der Bootsmann das Kanu gleichmäßig und ohne sichtbare Anstrengung in Bewegung hält.


Lake Bunyoni in Uganda

Der Lake Bunyonyi ist von steilen, terrassierten Berghängen umgeben. Auf den zahlreichen kleineren und größeren Inseln wachsen Bananenstauden und Eukalyptusbäume, vereinzelt sehe ich landwirtschaftlich genutzte Flächen. Insgesamt scheinen aber nicht viele Menschen auf den Inseln zu wohnen.

Die Fahrt dauert gut eine Stunde. Wir steuern durch ein Gewirr von Inselchen, Buchten und Halbinseln. Manchmal kreuzten Seebewohner in ihren Einbäumen unseren Weg und winken oder rufen uns etwas zu. Endlich kommt unsere Insel in Sicht und als wir näher kommen erkenne ich einen kleinen Anlegesteg und das Schild des Byoona Amagara Projects.


Lake Bunyoni in Uganda


Lake Bunyoni in Uganda


Anlegestelle des Byoona Amagara Island Retreat


Vom Restaurant aus hat man einen schönen Blick über den See


Zelten am Lake Bunyonyi

Es wird schon dunkel und ein kalter Nieselregen hat eingesetzt, als wir unser Zelt aufbauen. Wir müssen uns beeilen, wollen wir noch trocken in den Schlafsack kommen. Jetzt erst sehe ich, dass das Überzelt im Bereich des Einganges während der Reise gelitten hat. Einige Verklebungen der Nähte und das Fenster haben sich gelöst. Es sieht aus, als wäre der Schaden durch Hitzeeinwirkung entstanden. Auf einer der Busfahrten in Tansania hat mein Packsack mit dem Zelt neben dem Fahrer auf der Abdeckung des Motors gelegen und ich vermute, dass die Hitze den Schaden verursacht hat.

Ein Gewitter zieht auf. In der Nacht schüttet es aus allen Kübeln. Ich wache mehrmals auf weil ich fürchte, dass das Zelt nicht mehr dichthält. Die Temperaturen in unseren dünnen Schlafsäcken sind sowieso schon an der Fröstelgrenze und eindringende Nässe ist so ziemlich das Letzte was wir jetzt brauchen. Tatsächlich spritzt etwas Wasser durch das kaputte Fenster, aber das lässt sich notdürftig mit einer Plastiktüte abdichten. Gottseidank bleibt der Zeltboden trocken und während das ugandische Unwetter über uns tobt verbringen wir eine halbwegs angenehme Nacht.

Die Speisekarte im Byoona Amagara ist eine echte Überraschung. Alleine die Chapati-Variationen lassen mir das Wasser im Munde zusammenlaufen. Wenn ich recht erinnere gab es sogar welche mit Schokofüllung.


Den Tag verbringen wir mit essen, spazieren gehen, baden, lesen, die zahlreichen Vögel beobachten. Meine Freundin schreibt Reisetagebuch, während ich vor allem nichts tue. Ein schöner Ort um Ruhe, Natur und Abgeschiedenheit zu genießen.

Gerne wären wir noch einen oder zwei Tage geblieben, aber gegen Abend beginnt es wieder zu regnen und zusätzlich fegt ein kalter Wind über den Lake Bunyonyi. Bevor wir uns in die Schlafsäcke verkriechen ziehen wir alles an, was wir an wärmender Kleidung dabei haben. Trotzdem wird es nicht richtig warm in den dünnen Schlafsäcken.

Am nächsten Morgen erwartet uns ein bleigrauer Himmel und leichter Nieselregen. Nach dem Frühstück sieht es nicht viel besser aus und so beschließen wir weiter zu ziehen. An der Rezeption bestellen wir ein Kanu für die Rückfahrt. Das soll in etwa einer Stunde kommen.

Wieder dauert die Fahrt über den See etwa eine Stunde. Es regnet nicht mehr und da wir zu dritt paddeln kommen wir ganz gut voran. Der Bootsmann erzählt ein bisschen von dem Leben der Seebewohner. Die meisten sind Bauern und leben in einfachen Häusern rund um den See. Das Kanu ist für alle normales Fortbewegungsmittel, schon die Kinder benutzen es um in die Schule zu kommen. Natürlich erzählt er auch die Geschichte von Punishment Island, einer kleinen unbewohnten Insel, auf der früher ‚in Schande geratene‘ unverheiratete, schwangere Frauen ausgesetzt und ihrem Schicksaal überlassen wurden. Manche starben, oder ertranken beim Versuch an Land zu schwimmen, wenn sie Glück hatten, holte sie ein Mann, der zu arm war um einen regulären Brautpreis zu bezahlen und heiratete sie. Sozusagen gratis... ;)

Als wir uns der Anlegestelle nähern, sehen wir dutzende Kanus am Ufer liegen. Es ist Markttag und viel Bewohner des Sees sind gekommen um sich mit Waren einzudecken.


Markt Lake Bunyonyi


Lake Bunyonyi

Die Leute vom Byoona Amagara helfen uns noch ein Fahrzeug Richtung Kabale zu finden. Ein Matatu oder Sammeltaxi lässt sich nicht auftreiben, dafür zwei Boda Boda (Motorradtaxis).

Die Fahrt bis Kabale ist der Hammer. Die Erdstraße ist durch den Regen aufgeweicht. Rötliche Schlammpfützen wechseln sich mit knietiefen Schlaglöchern und Spurrillen ab. Die beiden Motorradfahrer wollen offenbar einen Geschwindigkeitsrekord aufstellen und rasen wie die Irren die schlüpfrige, steile Straße entlang. Zeitweise fliegt das Motorrad mehr durch die Luft, als dass es Bodenkontakt hätte. Ich habe alle Mühe mich mit dem Packsack hinten auf dem Moto zu halten und befürchte jeden Moment, dass das Motorrad den Gesetzen der Schwerkraft folgend auf der rutschigen Oberfläche wegrutschen könnte. Ich klopfe dem Fahrer immer wieder auf die Schulter und sage: „Slow please“ „Dont hurry, we have enough time“ woraufhin er einen Moment die Geschwindigkeit reduziert, mich verständnislos anschaut und dann gleich wieder mit Vollgas durchstartet.

So beschreibt meine Freundin die Fahrt:

The ride with those two motorcycles was the worst motor ride ever!!! Even the one we had when going to Lake Ruhondo was much better. The rough road made the speeding motorcycles even worse and scary. By the time we reached Kabale, my face and my white Pullover were all covered with mud and splashing dirty road water. GU Ko had to keep reminding the guy riding him to reduce the speeding. The one riding me was literally flying. I was scared I could fall off the Motorcycle. It reached a point where he realized that he had gone so far and had to wait for his friend riding Gu Ko. When he saw his friend’s motorcycle coming, he drove off once again with full speed. Overtaking other Motorcycles on the slippery rough road made me feel like I was going to die. He never wanted other motorcyclists to pass him. It was like he was competing with them all. These guys were riding like crazy not considering the bad condition of the road and the pedestrians. In addition the ride was very uncomfortable we were being thrown up and down as we rode because of full speed. I was very glad when we finally reached Kabale

In Kabale erwischen wir einen Bus Richtung Masaka. Unser nächstes Ziel sind die Ssese Islands im Viktoria See. Nicht weit von Masaka gibt es eine Fähre nach Bugala-Island, der größten und Hauptinsel der Ssese-Inseln. Ein bisschen habe ich die Hoffnung, dass wir das heute noch schaffen könnten, allerdings fährt die letzte Fähre um 18 Uhr und das wird auf jeden Fall knapp.

Ich kopiere mal wieder aus dem Tagebuch meiner Freundin, man muss ja nicht alles doppelt schreiben ;)

The ride to Masaka was not a smooth one. The Gateway bus that we boarded was old, loud, dirty, very slow and made many stops along the way. The road was rough halfway through the journey. Every time the bus made a stop, hawkers selling insects, onions and other foodstuff rushed into the bus. They pushed their way in, all trying to sell before the bus started. We bought some chapattis which were fresh and tasted so good. At one stop many hawkers selling onions jam-packed the bus, the whole bus smelled of onions. I almost fell sick from the onion smell. We later came to learn that those insects that were being sold in the bus were grasshoppers. I wondered where all those insects came from, since they were being sold in large amounts at every stop. Each seller fried the insects and sold them in transparent plastic bags

Der Bus, dessen Fernziel Kampala ist, hält nicht direkt in Masaka. Wir müssen an einer Umgehungsstraße in einem heruntergekommen und schmutzig wirkenden Ort unweit Masakas aussteigen. Sofort werden wir von Boda Bodas umringt und belabert. Nach einigen Verhandlungen über Fahrtziel und Fahrpreis besteigen wir mitsamt unserem Gepäck ein Motorrad und lassen uns Richtung Zentrum bringen. Drei Personen und zwei Gepäckstücke auf einem Motorrad, in Uganda ist das nicht ungewöhnlich. Manchmal sieht man sogar vier oder fünf Personen auf einem Boda Boda.

Für die Fähre ist es allerdings zu spät und so lassen wir uns zu einem kleinen Hotel im Zentrum Masakas bringen. Für 30000 Uganda Schillinge bekommt man im Buudu Hotel ein einfaches Zimmer mit Dusche und TV.

Masaka ist ein quirliger, geschäftiger Ort, aber ohne jeden Charme. Wir spazieren abends noch ein bisschen durch die Straßen, schauen in die kleinen Shops, die den üblichen Ramsch anbieten, Kleider, Elektronik und gelegentlich Lebensmittel. Wir besorgen uns ein paar Samosas zum Abendessen und gehen bald schlafen.

vom: 27.08.2014 20:43 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Ssese Islands

„Um zur Bukakata-Ferry auf die Ssese Islands zu kommen, müsst ihr zuerst mit dem Taxi zu einem Ort namens Nyendo fahren, von dort gibt es Minibusse oder Sammeltaxis zur Fähre.“ Diese Info bekommen wir am nächsten Morgen von einer Hotelangestellten, als wir uns auf den Weg machen.

Nyendo ist derselbe Ort, in dem wir gestern mit dem Bus vom Lake Bunyonyi ankamen. Auch heute wirkt er heruntergekommen und chaotisch. Zunächst stehen wir in dem Chaos aus Menschen und Fahrzeugen ein bisschen verloren herum, es gibt zwar jede Menge Busse und Matatus, aber die fahren alle entweder Richtung Kampala oder in die Richtung aus der wir gestern gekommen sind.

Wir fragen Leute auf der Straße und in den umliegenden Shops nach der Bukakata Ferry, aber sie starren uns nur verständnislos an. Schließlich scheint eine Lady zu verstehen was wir wollen und deutet eine Straße hinunter. Wir laufen los, froh aus dem Gedränge und Gehupe herauszukommen. Obwohl die Straßen in der Mitte geteert sind, liegen an den unbefestigten Rändern jede Menge Schutt und Abfall herum.

Plötzlich riecht es verlockend gut, mir läuft sofort das Wasser im Munde zusammen. An einem Stand werden frische Chapati zubereitet. Mal ehrlich, gibt es ein köstlicheres Frühstück als frisch gebackene, knusprige Chapati?


Chapati in Nyendo - Uganda

Ein paar Meter weiter an einer kleinen Tankstelle steht ein alter PKW. Der Fahrer winkt uns schon von weitem zu und als wir näher kommen, fragt er, ob wir nach Kalangala auf Ssese Island wollen. Natürlich wollen wir. Es ist ein Sammeltaxi und ein paar Leute sitzen schon drin. Der Preis bis Kalangala Town ist 10 000 UGX pro Person.

Heute lernen wir, dass ein ugandisches Taxi erst mit neun Personen voll ist. Auf der Rückbank sitzen wir zu fünft, die zwei vorderen Sitze teilen sich vier Personen. Zusätzlich ist der Kofferraum mit zahlreichen Gepäckstücken vollgestopft. Immer wieder erstaunlich, was in so einen ‚normalen‘ PKW alles reinpasst.

Vor der Fähre steht schon eine Autoschlange. Ein Pickup ist mit weißen Säcken beladen. Während wir auf die Fähre warten sehe ich, wie ein Vogel ein Loch in den obersten Sack pickt, etwas grünes herauszieht und verspeist. In den Säcken befinden sich Grashüpfer.

Auf der Busfahrt nach Masaka habe ich fliegende Händler gesehen, die frittierte Grashüpfer verkaufen. Sie werden oft in kleinen Tüten aus Zeitungspapier oder in Plastikbeutel verpackt, als Snack angeboten. Auch wenn die Tierchen ernährungsphysiologisch wertvoll sein sollen, konnte ich mich noch nicht zu einem Testessen überwinden.


Fähre zu den Ssese Islands - Uganda


Fähre zu den Ssese Islands - Uganda

Auf der Fähre unterhalten wir uns ein bisschen mit einem Inder und seiner ugandischen Freundin. Sie kommen aus Kampala und wollen das Wochenende auf den Ssese inseln verbringen. Sie sind in einem geräumigen SUV unterwegs und haben dasselbe Ziel wie wir, Kalangala Beach.

Ihr Angebot mit ihnen zu fahren nehmen wir gerne an. Im Vergleich zu dem Sammeltaxi ist die Fahrt von nun an der reinste Luxus. Perfekt gefedert schaukelt der SUV über die Unebenheiten der Schotterpiste während wir in bequemen Sitzpolstern entspannt den Klängen aus dem mp3 Player lauschen.


Ssese Islands - Uganda


Ssese Islands - Uganda

Fast bedauere ich es, als die Fahrt nach etwa eineinhalb Stunden im Pearl Garden Beach Hotel in der Lutoboka Bay endet. Die schöne Anlage liegt direkt am Seeufer und bietet Unterkünfte in verschiedenen Preiskategorien.

Die Rezeptionistin drückt mir eine Preisliste in die Hand. Man kann Suites, Cottages, Guesthouses oder Furnished Tents mieten. Auf der Liste steht aber nirgends, wieviel es kostet das eigene Zelt aufzuschlagen. Ich erkläre der jungen Frau, dass wir ein eigenes Zelt dabei haben und frage sie wieviel das kampieren kostet. Statt einen Preis zu nennen fragt sie mich, was ich denn bereit wäre zu bezahlen. Ich überlege kurz und antworte: 10000 UGX pro Person? Sie sagt sie müsse erst den Manager fragen. Der Manager findet den Preis ok und somit ist das geklärt. Sie wollen sogar jemand schicken, der das Zelt für uns aufbaut, aber ich winke ab, das machen wir lieber selber.


Zelten auf den Ssese Islands - Uganda

Kurze Zeit später haben wir uns unter einem schattigen Baum nur wenige Meter vom Ufer des Victoriasees entfernt eingerichtet. Das Gelände endet in einem schönen Sandstrand und auch das Wasser sieht recht verlockend aus. Wasser, Strand, Sonne - jetzt wäre ein erfrischendes Bad angesagt, wenn, tja wenn der Victoriasee bilharziosefrei wäre. Manche Ugander scheint die Infektionsgefahr nicht zu stören, ich sehe sogar Eltern mit ihren kleinen Kindern in den Wellen plantschen. Oder bin ich, der Europäer, übervorsichtig?

Aber auch ohne Badespaß ist der Ort wunderschön. Wir bleiben zwei Tage, gehen spazieren, beobachten die zahlreichen Vögel, wandern durch Palmenwäldchen, entdecken einsame Buchten und Strände und lassen uns mit frischem Fisch aus dem See kulinarisch verwöhnen.


Ssese Islands - Uganda


Boda Boda - Ssese Islands - Uganda


Ssese Islands - Uganda


Ssese Islands - Uganda


Ssese Islands - Uganda


Boda Boda - Ssese Islands - Uganda


Boda Boda - Ssese Islands - Uganda


Boda Boda - Ssese Islands - Uganda


Boda Boda - Ssese Islands - Uganda


Ssese Islands - Uganda

Bei einem Grashüpferhändler erstehe ich ein Tütchen goldgelber Hüpfer. Etwas befremdlich sehen sie schon aus mit ihren schwarzen Glotzaugen und den langen Fühlern und Antennen. Aber irgendwie erinnern sie auch an Shrimps und diese Vorstellung erleichtert es mir meine Abscheu zu überwinden, als ich meinen ersten Grasshopper verspeise. Ich kann nicht behaupten, dass er wirklich gut geschmeckt hätte aber er ist auch nicht übel.


Grasshopper - Uganda

Abends sitzen wir am Strand, und wenn die untergehende Sonne den Victoria See in goldenes Licht taucht, kommt ein bisschen Karibikfeeling auf. Lediglich die Stechfliegen nerven, aber das gehört wohl auch zum Karibikfeeling.


Ssese Islands - Uganda

Man kann von der Lutoboka Bay mit einer direkten Fähre nach Entebbe übersetzen. Das ist doppelt praktisch, einerseits weil wir nicht dieselbe Strecke nach Masaka zurück müssen und dabei mindestens einen Tag verlieren und andererseits weil die Fähre nur ein paar Meter von unserem Zeltplatz entfernt ablegt. Jeden Nachmittag kommt sie von Entebbe, spuckt eine Ladung Menschen und Fahrzeuge aus, ankert über Nacht in der Lutoboka Bay und fährt am nächsten Morgen zurück Richtung Entebbe/Kampala.


M.V. Kalangala - Fähre nach Entebbe

Am frühen Morgen des zweiten Tages packen wir unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg zur Fähre. In der Nähe des Anlegeplatzes gibt es ein paar Hütten, Minishops, winzige Restaurants und Verkaufsstände. In einem werden frische Chapati Rolex zubereitet. Rolex ist wohl die Kurzform für „Rolled Eggs“. Rühreier werden auf einer heißen Platte gebraten und anschließend in ein Chapati eingerollt. Sehr lecker.

Nach drei Chapati Rolex fühle ich mich gestärkt und wir gehen Richtung Fähre. Tickets gibt es in einem kleinen Häuschen vor einer Absperrung. Dann wieder Gepäckkontrolle und wir dürfen auf die MV Kalangala. Das Schiff füllt sich rasch mit Menschen und Fahrzeugen. Die PKWs werden so eng aneinander gestellt, dass sie sich beinahe berühren. Kaum zu glauben, dass das ohne Kratzer abgeht.


Fähre nach Entebbe

Die Ssese Islands verblassen allmählich im Morgendunst. Während die MV Kalangala Richtung Entebbe tuckert, drängen sich die Passagiere im Aufenthaltsraum. Aber irgendwie bekommt jeder einen Sitzplatz und schon bald verfolgen alle gebannt die Videoclips auf dem großen Flachbildmonitor.

vom: 27.10.2014 09:31 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Kampala

Etwa dreieinhalb Stunden benötigt die MV Kalangala für ihre Fahrt über den Viktoriasee nach Entebbe. Unweit des Piers warten dort Matatus um die Ankömmlinge in die umliegenden Orte und nach Kampala zu fahren.


MV Kalangala - Viktoria See

Je näher wir der Innenstadt Kampalas kommen, umso zähflüssiger wird das Fortkommen. Unweit des Zentrums kollabiert der Verkehrsfluss schließlich gänzlich. Der Fahrer gibt mit einer resignierten Handbewegung zu verstehen, dass die Fahrt beendet ist. Alle steigen aus. Es geht nur noch zu Fuß oder per Motorrad weiter.


Kampala Zentrum

Zwei Boda-Boda bringen uns zu dem etwas außerhalb liegenden Kampala Backpackers Hostel & Campsite. Auf den Straßen haben sich Matatus, Busse und PKWs zu einer lärmenden und stinkenden Masse verkeilt, durch die sich die Boda-Bodas in gewagten Schlangenlinien hindurch manövrieren. Ich muss ständig aufpassen, nicht mit meinen Knien oder Armen irgendwo hängenzubleiben. Verkehrsregeln haben hier längst aufgehört zu existieren.

Das vom Reise-Know-How Reiseführer hochgelobte Kampala Backpackers Hostel & Campsite ist eine ziemliche Enttäuschung. Die Zimmer sind schäbig, das Gelände wirkt ungepflegt, lieblos. Der Campground macht wenig Lust das Zelt aufzustellen. Investiert wurde offensichtlich nur in die Bar im Eingangsbereich, die, was Größe und Ausstattung anbelangt, locker in einen teuren Nachtklub passen würde.

Wir buchen eines der schäbigen Doppelzimmer für 55000 UGX. Die Einrichtung ist minimal, Bett mit Moskitonetz, ein hässlicher Plastiktisch mit Coca Cola Aufschrift, zwei Stühle und statt eines Papierkorbes steht ein siffiger Karton in der Ecke. Duschen und Toiletten sind in einem Extragebäude und werden gemeinsam genutzt. Als ich in der Rezeption nach einem Handtuch frage, sagt man mir: „Towels we only provide in the self contained rooms.“

Später fahren wir mit einem Matatu zurück ins Zentrum Kampalas, um in der GPO Fahrkarten für den Postbus nach Mbale zu kaufen. Unser nächstes Ziel sind die Sipi-Falls in Ost-Uganda am Rande des Mt. Elgon National Parks. In einem kleinen, mit Papieren und Aktenmappen vollgestopften Büro auf der Rückseite der GPO, treffen wir auf einen ugandischen Postbeamten. Während er sich leise schmatzend ein fettiges Reisgericht einverleibt, warten wir auf zwei Holzstühlchen sitzend, bis er fertig ist. Dann bekommen wir zwei Tickets für den morgigen Bus.


Kampala - Sipi

Es ist noch dunkel, als uns früh am nächsten Morgen ein Matatu ins Zentrum Kampalas bringt, mitten ins Chaos des zentralen Matatustandes (Old Taxi Stand). Schon um diese Zeit ist hier die Hölle los. Menschenströme bahnen sich ihren Weg zwischen rangierenden Fahrzeugen, schimpfenden Fahrern und heulenden Motoren hindurch. Zweifelhaft aussehende Gestalten labern mich im Vorbeigehen an. Die von gelblichen Scheinwerfern beleuchtete Szenerie hat etwas Apokalyptisches und ich bin froh, als wir ein Boda Boda finden, das uns zur GPO bringt. Ich verspüre kein Verlangen mich mit dem Gepäck durch dieses morgendliche Gewimmel von Menschen und Fahrzeugen zu kämpfen.


Uganda Post Bus

Die roten Postbusse stehen abfahrbereit auf einem Parkplatz hinter dem GPO Gebäude. Es dauert aber noch eine Weile, bis Menschen und Postsäcke verstaut sind. Ziemlich pünktlich gegen 7 Uhr fahren wir Richtung Mbale ab. Die Fahrt ist ganz angenehm, wenn auch nicht besonders schnell, da der Bus in jedem kleinen Kaff am Postoffice hält um Postsäcke zu verladen. Das dauert jedes Mal seine Zeit und so dehnt sich die die 230 km lange Stecke auf fast 6 Stunden Fahrtzeit.

In Mbale finden wir zwar schnell ein Matatu nach Sipi, bis alle Plätze besetzt sind, vergehen allerdings noch ein oder zwei Stunden. Manchmal dauert es ewig, bis der letzte Sitz im Matatu verkauft ist und dann heißt es warten.


Mbale – Sipi Express ;)

In Sipi-Dorf (ca.1800 m), einer ärmlich aussehenden Ansammlung von Häusern und kleinen Geschäften, sind wir die einzigen die aussteigen. Es regnet leicht und ein kalter Wind zwingt mich eine Regenjacke anzuziehen. Trotzdem muss ich erst mal das atemberaubende Panorama in mich aufnehmen. Ist schon die Fahrt hinauf in die Mount-Elgon-Berge beeindruckend, so ist das Panorama hier oben geradezu spektakulär. Steile Abhänge und fast senkrechte Felswände stürzen etwa 800 m hinunter in eine von Wolken, Dunst- und Nebelschwaden eingehüllte Ebene.

Im 'The Crow's Nest Rest Camp' kann man einfache Bungalows mieten, oder auf einem terrassierten Berghang zelten. Da es zu nass und kalt zum campen ist, mieten wir uns eine Cottage. Vom Camp hat man einen schönen Blick auf die Sipi-Falls. Ein Lob an die Küche, das Abendessen war eine der besten Mahlzeiten, die ich in Uganda bekam, alle Speisen frisch zubereitet und liebevoll gekocht. Als in der Nacht Regenschauer und Windböen durch die Berge ziehen, sind wir froh ein festes Dach über unseren Köpfen zu haben.

http://www.easytravel.co.tz/the-crows-nest.html


The Crow's Nest Rest Camp


Der Sipihauptwasserfall

Zum Glück ist die Regenzeit am nächsten Morgen erst mal vorbei. Eine warme Morgensonne lacht uns freundlich ins Gesicht und lässt gutes Wasserfall-Sightseeing-Wetter erwarten.

Bevor wir zu den Sipi-Falls aufbrechen ziehen wir zur Moses Campsite um. Die liegt etwa 500 m vom Crow's Nest Rest Camp entfernt, direkt an einem Felsabbruch. Man hat von dort den absolut hammermäßigsten Blick in die Ebene und auch zu dem Hauptwasserfall. An diesem Ort muss ich einfach unser Zelt aufstellen.

http://mosescampsitesipi.wix.com/home


Moses Campsite liegt direkt an einem steilen Felsabbruch


Als wir unser Zelt unter einem Bäumchen aufbauen werden wir von einer Affenschar neugierig beobachtet.


Alles Sipi in Sipi ;)

Etwas später starten wir zu den Wasserfällen. Die Wanderung dauert etwa 3-4 Stunden, je nachdem wie viele Pausen man einlegt. Es ist kein Fehler, einen lokalen Guide dabei zu haben, man würde sich sonst bestimmt ein paar Mal verlaufen.

Wir beginnen bei dem obersten Wasserfall und steigen dann über einen weiteren Fall zum Hauptwasserfall hinab. Die teils schmalen und steinigen Pfade sind vom Regen schlüpfrig, aber bis auf den letzten Abstieg ganz gut begehbar.

Die Landschaft ist wunderschön, die Natur üppig und exotisch. Dschungelartige Vegetation wechselt mit Bananen und Kaffeeplantagen. Kinder begleiten uns ein Stück, verkaufen Passionsfrüchte und zeigen uns kleine Chamäleons.


Hier wird Kaffee gewaschen


Begegnungen unterwegs


Rüchwärtsblickendes ugandisches Chamäleon

Um zum Hauptwasserfall zu kommen müssen wir einen ziemlich steilen Hang absteigen. Genaugenommen geht es fast senkrecht nach unten. Auf diesem Abschnitt sollte man halbwegs schwindelfrei sein und vor allen nach Regentagen sind feste Schuhe mit griffiger Sohle nicht falsch. Unser Guide und die Kids die uns begleiten hüpfen die steilen Wege zwar in Sandalen und Badeslipper hinab, aber die sind hier aufgewachsen, machen das jeden Tag, sind mindestens so trittsicher wie Bergziegen.

Der schlüpfrige Pfad windet sich serpentinenartig nach unten und endet an einer grob gezimmerten Holzleiter. Hier heißt es gut festhalten und senkrecht absteigen. Unten angekommen ist es trotz Wanderstock kaum möglich weiterzulaufen, der schmale Pfad ist so rutschig, dass wir uns wie auf Glatteis bewegen.

vom: 27.10.2014 09:33 Betreff: RE: Ostafrika Reise durch Kenia, Tansania, Sambia, Ruanda, Uganda

Doch irgendwann haben wir es geschafft. Nicht zuletzt mit Hilfe der einheimischen Kids, die uns an den schwierigsten Stellen tatkräftig unterstützt und wahrscheinlich vor dem einen oder anderen Schlammbad gerettet haben. Glücklich und tropfnass stehen wir im Wasserdunst des Hauptwasserfalls, der mit lautem Getöse nur wenige Meter entfernt in ein Felsenbecken stürzt.


Sipi Falls


Sipi Falls


Sipi Falls


Sipi Falls

Die Tour hat es in sich, ist aber jeden Schweißtropfen wert. Nicht nur die in die üppige Vegetation eingebetteten Wasserfälle sind reizvoll, auch die abwechslungsreiche Landschaft mit den tollen Ausblicken begeistert. Nach der Hektik des chaotischen und lauten Kampalas wirkt die Ruhe und Gelassenheit der Mount Elgon Bergregion fast paradiesisch.


Moses Campsite

Abends im Moses Camp sitzen wir zusammen mit zwei Volontärinnen, den einzigen anderen Camp-Gästen, an einem Lagerfeuer direkt am Rande des Felsabbruchs. Ein bleicher Vollmond beleuchtet die Ebene tief unter uns. Die Frauen erzählen von ihrer Arbeit in Uganda, wir von unserer Reise quer durch Ostafrika. Wir sind uns alle darüber einig, dass Uganda zu den schönsten Ländern Ostafrikas gehört und dass Ugander gastfreundliche und hilfsbereite Menschen sind. Man spürt, dass der Massentourismus hier noch nicht seine negativen Spuren hinterlassen hat. Ugander nehmen ihre Touristen (noch) als Menschen wahr und nicht nur als schnellabzufertigende Massenware.

Sipi – Webuye

Nach einem letzten Frühstück mit grandioser Aussicht packen wir am nächsten Morgen wieder mal unsere Sachen und machen uns auf den Weg Richtung Kenia. Wenn möglich wollen wir heute bis Webuye kommen. Die netten Angestellten der Moses Campsite begleiten uns zur Hauptstraße und helfen uns ein Fahrzeug nach Mbale zu finden. Von Mbale fahren wir mit einem Minibus weiter bis zum Grenzort Malaba und von dort gehen wir zu Fuß über die Grenze nach Kenia. Dabei wird mir plötzlich bewusst, dass wir jede Grenze in Afrika zu Fuß überqueren mussten.

An der ugandisch/kenianischen Grenzstation geht es lebhaft zu, Menschen, PKW’s und LKW’s bilden lange Schlangen und warten auf Abfertigung. Wir stellen uns erst in die Schlange für den Ausreisestempel, und danach, ein paar hundert Meter weiter, in die Schlange für den Einreisestempel. Da wir in Sambia die EAC (East African Comunity) verlassen haben, ist mein kenianisches Visum nicht mehr gültig. Die schwache Hoffnung, dass der kenianische Zöllner das sambische Visum in meinem vollgeklebten und vollgestempelten Pass übersieht, verfliegt sofort, als ich sehe, dass dieser sich seelenruhig durch meinen Pass blättert, alle Visa und Stempel ausgiebig betrachtet, bis er endlich fündig wird. Auf mein sambisches Visum deutend meint er fast bedauernd, ich müsse leider ein neues kenianisches Visum kaufen.

Hinter der Grenzstation steigen wir in ein Matatu nach Bungoma und dort in ein weiteres nach Webuye. Diese Art des Reisens, ich nenne es mal ‚Matatu-Hopping‘, funktioniert erstaunlich gut. Immer wenn wir irgendwo ankommen, steht schon ein abfahrbereites Matatu zum nächsten Zielort bereit.

Webuye, unser heutiges Ziel, liegt am Nairobi-Eldoret-Malaba Highway und ist Durchgangsort für den Verkehr von und nach Uganda. Früher hieß Webuye einmal Broderick Falls, benannt nach dem ersten Mzungu, der die nahegelegenen Nabuyole Falls besuchte. Zwischen 1970 und 2009 erlebte Webuye durch die die Pan African Paper Mills einen bescheidenen wirtschaftlichen Aufschwung, gleichzeitig sorgte die Papierfabrik auch für massive Umweltschäden. In jener Zeit muss die Luft von stinkenden Abgasen gesättigt gewesen sein. Seitdem die Paper Mills vor fünf Jahren geschlossen wurden, leidet die Stadt unter einem gewissen Bevölkerungsschwund und wohl auch steigender Kriminalität, dafür ist die Luftqualität besser geworden.


‚Gartenzaun‘ in Webuye

In erster Linie besuchen wir Webuye weil es der Heimatort meiner Freundin ist. Wir werden ein oder zwei Tage zum Familienbesuch bleiben, bevor wir nach Mombasa zurückfahren.

Eine lokale Attraktion sind die schon erwähnten Nabuyole Falls, auch Webuye Falls genannt. Nicht weit von der Stadt entfernt brodeln und schäumen die Gewässer des River Nzoia eindrucksvoll über mehrere Stufen durch ein felsiges Flussbett hinab. Beeindruckend ist nicht die Höhe der Fälle, sondern vielmehr die Wucht, mit der sich das braune, schäumende Wasser seinen Weg bahnt. Touristisch sind die Wasserfälle kaum erschlossen, in Reiseführern werden sie, wenn überhaupt, allenfalls in einem kurzen Nebensatz erwähnt.


Webuye-Falls



Webuye – Mombasa – Tiwi Beach

Weihnachten ist nicht mehr fern und die letzten Tage des Jahres wollen wir unter Palmen an einem der südlichen Strände von Mombasa verbringen. Es gibt zwei oder drei Unternehmen, die Direktbusse von Webuye nach Mombasa unterhalten. Die beste Gesellschaft ist Modern Coast, aber die sind für die nächsten Tage bereits ausgebucht. Weihnachtszeit ist Reisezeit. Im Büro der Tahmeed Buslinie bekommen wir die zwei letzten Tickets. Abfahrt ist 16 Uhr.

Nach einer langen und ziemlich unbequemen Nacht erreichen wir gegen 8 Uhr morgens Mombasa. Wir fahren erstmal nach Mishomoroni um ein paar Stunden in der Wohnung meiner Freundin zu schlafen.

Schlafen ist nicht ganz einfach, Mishomoroni vibriert um diese Tageszeit. Radios, Fernseher, Busse, Matatus und Tuk Tuks, Generatoren und das Geschrei der Straßenhändler vereinigen sich zu dieser unvergleichlichen Geräuschkulisse einer afrikanischen Großstadt.

Irgendwann bin ich dann doch eingeschlafen.

Tiwi Beach

23.12.2013. Ein Tag vor Heiligabend. Heute beginnt der letzte Abschnitt unserer Reise. Tiwi Beach liegt ca. 25 km südlich von Mombasa, nicht weit entfernt vom bekannten Diani Beach. Im Gegensatz zu dem Rummel in Diani geht es in Tiwi ziemlich ruhig zu.


Die Likoni Fähre…


…verbindet


…Mombasa mit der Southcoast

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln kann man Tiwi von Mombasas Zentrum in etwa 1,5 Stunden erreichen. Mit dem Matatu (oder Tuk Tuk) lässt man sich zur Autofähre bringen, die permanent zwischen Mombasa und Likoni pendelt. In Likoni nimmt man ein Matatu Richtung Ukunda (Diani). Nach knapp einer halben Stunde Fahrt (ca 18 km) lässt man sich an der Abzweigung zu Tiwi-Beach absetzen. Von dort führt eine sehr holperige Straße in zwei bis drei km zur Twiga Lodge. Dieses Stück legt man am besten mit einem der Motorrad-Taxis zurück, die (meistens) an der Kreuzung auf Kundschaft lauern. Eine gewisse Vorsicht ist geboten, die Gegend gilt als unsicher, man hört immer wieder Geschichten von Überfällen.

Tiwi ist vor allem geiler Strand, Palmen und relaxen. Zwischen den Palmen stehen ein paar dezente Hotels und Privathäuser. Es gibt keinen Supermarkt, keine Bars, keine Shoppingmeile und genau deshalb gefällt mir der Ort.

Twiga Lodge and Campsite

Die Twiga Lodge vermietet Zimmer und Bungalows und betreibt eine Campsite direkt am Beach. Es gibt auch ein Restaurant mit einer Bar. Viel Luxus darf man nicht erwarten, dafür ist der Platz traumhaft gelegen und man kann sein Zelt (oder Truck) unter Palmen direkt am Strand stellen.


Campen in Tiwi


Campen in Tiwi


24.12.2013 Weihnachten - Da wir alle brav waren bringt uns der Tiwi-Weihnachtsmann eine Kokosnuss ;)

Wir sind nicht die einzigen, die das Ende des Jahres 2013 in Tiwi verbringen möchten. Der Campingplatz ist mit Zelten und Wohnmobilen gut bestückt. Für unser kleines Zeltchen ist es aber kein Problem einen schönen Platz zu finden. Wir bauen es in vorderster Reihe unter einer Kokospalme auf. Die Wellen des indischen Ozeans rollen nur wenige Meter vom Zelteingang entfernt gegen den feinkörnigen, weißen Sand, über unseren Köpfen streicht eine leichte Brise durch die Palmwedel….

...was braucht man mehr für einen perfekten Jahresausklang?

ENDE :)


     
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